Montag, 1. Juli 2024

Tief schlafend oder tot? Michelangelos Pietà in St. Peter

Michelangelo: Pietà (1498/99); Rom, St. Peter (für die Großansicht einfach anklicken)

Verfehlen kann man sie nicht: Wenn man reinkommt gleich rechts – es steht immer eine Menschentraube vor der, wie viele sagen, schönsten Marmorskulptur der Welt: Michelangelos Pietà in St. Peter (Rom). Man fasst es nicht: Der Bildhauer war gerade einmal 24 Jahre alt, als er dieses Meisterwerk 1498/99 für den französischen Kardinal Bilhères de Lagraulas schuf. Die Skulptur schmückte ursprünglich das Grabmal des Kardinals in einer der Kapellen von Santa Petronilla, einer Kirche, die sich an der Südseite von Alt-St. Peter befand. Im März 1498 hatte sich Michelangelo nach Carrara begeben, um dort persönlich in den Steinbrüchen einen Marmorblock für die Statue auszuwählen und auch den Transport von Carrara nach Rom zu überwachen. Seitdem die Pietà 1972 von einem geistig verwirrten Besucher schwer beschädigt wurde, steht sie in St. Peter auf einem hohen Sockel hinter Panzerglas – die Perfektion der Figurengruppe und ihre Details sind deswegen oft besser auf Fotos zu sehen als im Original (mit der Mona Lisa im Louvre verhält es sich ja ähnlich). Keine weitere Skulptur Michelangelos ist derartig ausgearbeitet und in ihrer Oberfläche vollendet worden wie seine römische Pietà.

Anders allerdings als Michelangelos im Jahr zuvor vollendete Statue des Bacchus (1496/97; siehe meinen Post „Michelangelos schwankender Bacchus“), die auf Allansichtigkeit angelegt war, ist die Rückenpartie der Pietà teilweise unausgeführt. Hier sind Spuren der Meißelschläge stehengeblieben, weil der Bildhauer wusste, dass die Rückseite nach der Aufstellung als Grabskulptur nicht zu sehen sein würde, sodass er summarischer vorgehen konnte als bei den sichtbaren Partien. Obwohl auf Frontalsicht hin konzipiert, besitzt die Pietà eine beträchtliche Tiefe. „Diese wird nicht durch das Umschreiten der Figurengruppe erschlossen, sondern durch die Wanderschaft des Auges in den Schluchten und über die Erhebungen der Draperie sowie durch die Komposition der Leiber“ (Bredekamp 2021, S. 104).
Foto: © Aurelio Amendola
Die aus einem einzigen Block geschaffene Skulptur erregte bei den Zeitgenossen höchste Bewunderung, weil sie in ihren Augen Schönheit und Frömmigkeit in einzigartiger Vollendung vereinte. Aber sie löste auch Befremden aus: Wie konnte der Bildhauer die Mutter Jesu, die den Leichnam ihres dreißigjährigen Sohnes in den Armen trägt, so jung darstellen? Sie wirkt kaum älter als Christus. Michelangelo hat, laut seinem ersten Biografen Ascanio Condivi, auf diese Frage geantwortet, die körperliche Frische der Gottesmutter demonstriere ihre Jungfräulichkeit und Reinheit. Maria war wohl eine sterbliche Frau, aber als Mutter des Gottessohns den Gesetzen der Fleischlichkeit und des Verfalls enthoben – so die theologische Aussage der Skulptur.
Vesperbild (14. Jahrhundert); Delbrück, St. Johannes Baptist
Deutsches Vesperbild aus der Basilika San Domenico in Bologna
Michelangelos Figurengruppe greift den auf Typus des sogenannten Vesperbildes zurück. Diese Darstellung der trauernden Maria mit dem toten Christus auf ihrem Schoß war, ausgehend von der Volksfrömmigkeit und der spätmittelalterlichen Mystik, seit dem 14. Jahrhundert vor allem in Nordeuropa verbreitet. Die in der Regel kleinformatigen Holzskulpturen zeichneten sich durch einen expressiven Realismus aus, der Leid und Trauer sehr unmittelbar zum Ausdruck brachte. Michelangelo könnte als etwa Zwanzigjähriger bei seiner Arbeit in der Basilika San Domenico in Bologna (1494/95) mit dem dortigen deutschen Vesperbild in Berührung gekommen sein. Michelangelo hat zwar das transalpine Sujet übernommen, es aber in eine völlig andere Form übersetzt, und zwar in eine ideale, an der Antike orientierte Ästhetik, die das Publikum weniger durch drastische Darstellung leiblichen und seelischen Schmerzes als vielmehr durch künstlerisch gestaltete Schönheit rühren sollte“ (Zöllner 2007, S. 33). 
Der beweinte Erlöser: eher tief schlafend als tot
Maria ist in ein ausladendes Gewand mit reichem Faltenwurf gekleidet, das lediglich Gesicht, Hals und Hände unbedeckt lässt. Selbst das Haar verschwindet vollständig unter dem Kopftuch. Die Mutter Jesu ist ganz dem Leichnam auf ihrem Schoß zugewandt. Ihrem geneigten Haupt und dem feierlichen Ernst ihres jugendlichen Gesichtes ist der stärkste Ausdruckswert in der ganzen Gruppe gegeben“ (Poeschke 1992, S. 76). Um Marias Antlitz diese Wirkung zu sichern, hat Michelangelo den Kopf Christi ganz dem Blick des Betrachters entzogen. Der innere Aufruhr der Gottesmutter findet dennoch seinen Ausdruck im unruhigen Faltenwurf ihres Gewandes, der sich nach unten zu wild bewegten Marmorwellen steigert und über das felsige Bodenplateau ausbreitet. 
Der leichte Stoff von Marias Gewand wird von einem schräg über die Brust laufenden Band oder Gürtel gehalten; durch diesen Gürtel legt sich ihr Oberteil in zahllose unruhige Fältchen, die einen scharfen Kontrast zu Marias glatter Haut bilden und so den Blick ebenfalls auf Hals und Gesicht der jungen Frau lenken. Die gleiche Funktion erfüllt auch der gekräuselte Schleier, der ihr Antlitz rahmt. In die Stirn der Gottesmutter hat Michelangelo eine feine Linie in den Marmor geritzt, um den Anschein eines dünnen, transparenten Schleiers zu erwecken, ohne diesen tatsächlich auszugestalten. (Das wird er später dann bei seiner Brügger Madonna wiederholen; siehe meinen Post In Stein gemeißelte Theologie.)
Maria wirkt sehr gefasst
Marias geöffnete linke Hand korrespondiert mit der vorragenden Felsnase auf dieser Seite der Skulptur und dem leicht herausstehenden linken Fuß Christi. Mit der rechten Hand hält die Gottesmutter den Körper ihres Sohnes unter der Achsel, damit er nicht abrutscht, wobei ihre gespreizten Fingern den Leichnam nicht direkt berühren, sondern auf einem Stück ihres Gewandes liegen. „Grasping her son through her cloak, protecting the bodily sacrifice as a priest would the Host, Mary slightly elevates her sons body, willingly offering him as an expiation of sin to both the viewer and, humbly, to God“ (Fenichel 2017, S. 886). Um den Körper zu stützen, nimmt Maria auch das rechte Knie zu Hilfe, das sie dank einer Felsstufe leicht anheben kann. Außerdem lehnt sie sich etwas zurück, um ein Gegengewicht zu dem Leichnam zu schaffen. Als weitere Stütze dient ein Baumstumpf, der dem linken Fuß Jesu Halt bietet und das Bein so weit hochschiebt, dass es nicht durch das rechte Bein verdeckt wird. Auch der rechte Arm fällt nicht gerade herab, wie man es bei einem toten Körper erwarten müsste. Vielmehr bildet er, weil sich ein Finger im Stoff verfangen hat, einen Bogen, der sich in der Führung der unteren Gewandfalte wiederholt. 
Neben der Zartheit von Marias Antlitz erstaunt bei genauerem Hinsehen die wuchtige Masse und Größe ihres Körpers: Während Christus etwa die Maße eines ausgewachsenen Mannes erreicht, ist Maria eine Riesin: Ihre Sitzhöhe beträgt 1,75 Meter, sodass sie etwa 2,5 Meter groß wäre, wenn sie sich erheben könnte. Maria hält den toten Sohn auf den Knien, als wäre er ein Kind, das durch ihr Wiegen eingeschlafen. Jesu Kopf ist erschlafft nach hinten gesunken, Hals und Adamsapfel treten deutlich hervor. Obwohl erwachsen, wird Christus formal von der Gewandsilhouette seiner Mutter ganz umfasst, „als wäre er ein zu bergendes und zu beschützendes Kind“ (Bredekamp 2021, S. 105).
Trotz aller erlittenen Qualen haben die wohlproportionierten Glieder des Gottessohns nichts von ihrer Schönheit eingebüßt; seine Wundmale sind nur sehr verhalten dargestellt, Spuren der Geißelung oder von der Dornenkrone fehlen völlig. Kerstin Schwedes hat in diesem Zusammenhang auf Sandro Botticellis Venus und Mars-Darstellung in der Londoner National Gallery hingewiesen: Gerade das Zusammenspiel von Kopf, Oberkörper und Armen erinnere an die Haltung von Botticellis schlafendem, eben nicht totem Kriegsgott. 
Sandro Botticelli: Venus und Mars (1483); London, National Gallery
(für die Großansicht einfach anklicken)
Der rechte Arm Christi „is that of a living individual with its engorged superficial veins. The head is cradled like a childs, not held like that of a stiff-necked cadaver“ (Hilloowala/Oremland 1987, S. 88). Die rechte Hand Christi scheint geradezu in die erwähnte Stofffalte hineinzufingern, um das Material und seine Führung zu ertasten. „Dieses haptische Moment läßt Christus einerseits als einstmals fühlenden Menschen erscheinen, andererseits verweist es wiederum auf die Wiederbelebung des Leibes, die in der Auferstehung erfolgen wird“ (Schwedes 2000a, S. 363). Demgegenüber wird der linke Unterarm durch den Knoten des Lendentuchs über die Hüfte angehoben und knickt dann mit erschlafften Fingern wieder ab. Auch der linke Fuß Jesu fällt ins Auge: Die Zehen sind eigenartigerweise an den Ballen gezogen. Der Spann des Fußes würde sich bei einem wirklich toten Körper nicht bis zur Zehenspitze hinabwölben. Die dargestellte Haltung verweist abermals auf Säuglinge und Kleinkinder und deren vor dem Laufen typische Zehenführung – Michelangelo zeigt uns eine Mutter, die um ihr Kind trauert und sich dabei demütig Gottes Willen unterstellt.
Der Oberkörper Christi wird zwar sicher von Maria gehalten, doch scheint ihr der Leib ihres Sohnes allmählich zu entgleiten: Die Hüfte kippt bereits leicht dem Betrachter entgegen. „Die Staffelung der Beine unterstützt zusätzlich den Eindruck eines labilen Aufliegens des Körpers“ (Schwedes 2000b, S. 100). In diesem Entgleiten kündigt sich die bevorstehende Auferstehung Jesu an. Horst Bredekamp erkennt an Christus ein Ineinander von Tod und Leben“ (Bredekamp 2021, S. 105), denn er ist nur auf den ersten Blick unzweifelhaft als Leichnam dargestellt. Einige der Extremitäten scheinen bereits von der Totenstarre befallen, doch gibt es ebenso Anzeichen, dass aus diesem Körper noch nicht alles Leben gewichen ist. Dazu zählt die bereits erwähnte in den Gewandstoff fassende Hand; die vom Handrücken bis zum Ellenbogen sich hinziehenden Adern scheinen gefüllt, als pulsiere in ihnen das Blut. Aus dem Antlitz Christi sind alle Zeichen des Leidens getilgt, als wäre der Gottessohn nicht gestorben, sondern vielmehr vom Schlaf umfangen. Der Mund steht zwar leicht auf, aber er lässt nicht wie bei einem Toten die Zahnreihen erkennen, sondern suggeriert ein leichtes Atmen, und die Augen sind nicht gebrochen, sondern nur geschlossen. Christus ist Leichnam und Kind, tot und lebendig zugleich“ (Bredekamp 2021, S. 106). Das Zusammenspiel dieser Sinnschichten verhindere, so Bredekamp, dass der Schmerz der Mutter manifest zum Ausdruck kommt. Im Gesicht ist alle Trauer nach innen gewendet.  „Ohne Aufbegehren, im Bewusstsein der Unabwendbarkeit der Passion, hat sie den Schmerz in sich aufgenommen (Bredekamp 2021, S. 107).
Das sind nicht die Füße eines Toten
Der von Menschenhand abgesägte Baumstumpf zu Füßen Christi erinnert den Betrachter nochmals an dessen leidvollen Opfertod: Verweist die Form des Astlochs auf das Wundmal am rechten Fuß Jesu, so trägt der Stamm Anzeichen der ehedem auf ihn einwirkenden Gewalt – eine Kerbe zieht sich über den Astbruch, und die glatten Schnittflächen zeigen, dass hier eine Säge eingelegt worden ist. Wie Christus selbst wurde auch dieser Baum von Menschenhand traktiert. Aber er treibt neu aus – aus dem Sterben Jesu erwächst für den Gläubigen neues, ewiges Leben.
Die Pietà in St. Peter ist das einzige signierte Werk Michelangelos
Der diagonal über die Brust Marias verlaufende Gurt trägt in römischer Antiqua die lateinische Aufschrift  „MICHEL·ANGELUS·BONAROTUS·FLORENT· 
FACIEBA(T)“. Es ist das einzige signierte Werk des Künstlers und spiegelt seinen Schöpfertolz  angesichts der so vollendet ausgeführten Skulptur. Der Namenszug Michelangelos verweist gleichzeitig, so Irving Lavin, auf den Erzengel Michael: „The reference to God’s adjutant in the administration of Divine Justice and the weigher of souls at the Last Judgment is obviously appropriate for a sculpture in a funerary chapel“ (Lavin 2013, S. 281). John Sherman wiederum hat darauf aufmerksam gemacht, dass der Gurt die Mutterschaft Mariens betont, weil italienische Mütter ihre Kinder oft oberhalb der Hüfte in Schultersäcken zu tragen pflegten. 
Mit seiner Pietà profilierte sich Michelangelo in Rom als der Meister, der das große Ziel der Humanisten, die Antike zu übertreffen, nach einhelliger Meinung erreicht hatte. Der französische Kardinal, der die Statue in Auftrag gegeben hatte, starb am 6. August 1499, ohne das vollendete Werk gesehen zu haben. Doch die Skulptur rief so viel Aufsehen hervor, dass ein anderer Kardinal sogleich mit einem neuen Auftrag an Michelangelo herantrat. Anfang 1501 wandte sich Francesco Piccolomini, Neffe von Papst Pius II., an den Bildhauer, um ihm die Fertigstellung des einige Jahre zuvor begonnenen Piccolomini-Altars im Dom von Siena anzutragen – ein großer Auftrag, der fünfzehn ungefähr ein Meter große Statuen aus Carrara-Marmor umfasste.
Nanni di Baccio Bigio: Pietà (1549); Florenz, Santo Spirito
Antonio Montauti: Pietà (1734); Rom, San Giovanni in Laterano
Henrick Goltzius: Pietà (1596); Kupferstich
Der italienische Bildhauer Nanni di Baccio Bigio (1511–1568) schuf 1549 eine Marmorkopie der Pietà für die Kirche Santo Spirito in Florenz, die sich vor allem an einer Stelle von Michelangelos Original auffällig unterscheidet: Das Gesicht seiner Maria ist deutlich älter. Di Baccio Bigio reagierte damit offensichtlich auf die Kritik, die Michelangelos verjüngtes Marienantlitz hervorgerufen hatte, und
korrigierte die damit verbundene theologische Irritation. Unverkennbar an Michelangelos Figurengruppe angelehnt ist auch die 1734 vollendete Pietà von Antonio Montauti (1683–1746), die in der römischen Kirche San Giovanni di Laterano aufgestellt wurde: Markanteste Veränderung gegenüber dem Vorbild: Maria ist stehend dargestellt. Auch der Pietà-Kupferstich des Niederländers Hendrick Goltzius (1588-1617) aus dem Jahr 1596 setzt sich ganz offensichtlich mit Michelangelos Skulptur auseinander, und auch hier bemüht sich der Künstler um eine theologisch korrektere Darstellung: Die Wundmale Christi sind deutlich erkennbar, und der Schmerz Mariens über ihren nun wirklich toten Sohn ist an ihrem gramgezeichneten Gesicht und ihren Tränen ablesbar.
Annibale Carracci: Pietà (1603/04); Nepael, Museo di Capodimonte (für die Großansicht einfach anklicken)
Zu Beginn des 17. Jahrhunderts hat Annibale Carracci (1560–1609), der zusammen mit Caravaggio (1571–1610) als Begründer der römischen Barockmalerei gilt, selbstbewusst den Wettstreit mit Michelangelos frühem Meisterwerk gesucht – und dessen Pietà in ein großformatiges Gemälde verwandelt. Der kompositorische Aufbau des Bildes und die Präsentation des Leichnams Jesu verweisen unmittelbar auf die berühmte Skulptur in St. Peter. Während allerdings bei Michelangelo die Gottesmutter erhöht auf einem Felsen thront und die ganze Last des toten Sohnes auf ihren Knien ruht, sitzt die Madonna bei Carracci am Boden, und nur der Oberkörper Jesu lagert in ihrem Schoß. Der Leichnam ist weit mehr zum Betrachter gewendet und mit einer Torsion versehen, die dem Vorbild fehlt. Viel stärker als bei Michelangelo werden Marias Schmerz und Trauer durch ihre Haltung und die Geste ihrer linken Hand betont. „Bei Annibale ist die Handgeste expressiver, vereint kunstvoll das Vorweisen des Corpus Christi und die leidende Anteilnahme“ (Schütze 2015, S. 41). Die beiden geflügelten Putten wiederum lenken den Blick des Betrachters auf die Passion Jesu: Der eine hebt seine Hand mit dem deutlich sichtbaren Wundmal empor, der andere berührt spielerisch die Dornenkrone.

Annibale Carracci: Pietà (um 1603); Wien, Kunsthistorisches Museum
Ludovico Cigoli: Pietà (1599 oder wenige Jahre später);
Wien, Kunsthistorisches Museum (für die Großansicht einfach anklicken)
Auch Annibale Carraccis kleine (43 x 62,5 cm), auf eine Kupfertafel gemalte und ebenfalls um 1603 entstandene Pietà im Wiener Kunsthistorischen Museum lässt die Auseinandersetzung mit Michelangelos Skulptur deutlich erkennen. Der zur Seite geneigte, auf der Schulter liegende Kopf und der leblos herabhängende linke Arm entsprechen ganz der Christusfigur des Vorbilds. Ganz ähnlich hat der italienische Maler Ludovico Cigoli (1559–1613) in diesen Jahren Michelangelo adaptiert. Sein großformatiges Gemälde (193,5 x 144,5 cm; ebenfalls im Kunsthistorischen Museum Wien) transformiert die berühmte Skulptur in eine mehrfigurige Komposition, bei der Joseph von Arimathia den vom Kreuz abgenommenen Christus stützt, sodass sich zugleich mit Maria auch der Betrachter in das Geheimnis seines Opfertodes versenken kann.
 
Literaturhinweise 

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(zuletzt bearbeitet am 18. August 2024)

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