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| Albrecht Dürer: Maria mit der Meerkatze (um 1498); Kupferstich (für die Großansicht einfach anklicken) |
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| Albrecht Dürer: Heilige Familie mit der Libelle (um 1495); Kupferstich (für die Großansicht einfach anklicken) |
Das Kind ist damit beschäftigt, einen kleinen Singvogel spielerisch mit einem Saugbeutelchen (einem mit Flüssigkeit getränkten Schnuller) zu locken. Zu Marias Füßen ist ein Äffchen an die Rasenbank gekettet, „dessen maskenhafter Blick aus dem Bild in beunruhigendem Kontrast zu dem unbefangenen kindlichen Spiel steht“ (Schoch 2001, S. 71). Dürer fasst die Gestalt Mariens mit dem angeketteten Affen formal zu einem gleichmäßigen Dreieick zusammen. Die Rasenbank wiederum scheint sich in der realen Weit jenseits der Bildränder fortzusetzen – sie schließt den Betrachter auf dem kleinen umfriedeten Platz geradezu mit ein.
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| Albrecht Dürer: Das Weiherhäuschen an der Pegnitz bei St. Johannis (um 1496/97); London, British Museum |
Diese naturalistischen Motiv verbinden sich jedoch mit traditioneller Bildsymbolik: So erscheint der Affe in der christlichen Ikonografie häufig in Begleitung Evas und verkörpert die ungezügelten Triebe, das Laster, das Böse, sogar den Teufel selbst, der durch Christi Tod und Auferstehung überwunden wird. Das Weiherhäuschen könnte möglicherweise als Mariensymbol gemeint sein, als „Turm Davids“ (Hoheslied 4,4); der Gürtelknoten darf als Zeichen der unbefleckten Empfängnis Mariens gedeutet werden. Der Singvogel, mit dem der Jesusknabe spielt, symbolisiert die auferweckte, befreite Seele, die zum Himmel aufsteigt und so zu Gott gelangt. Er wird damit zum Sinnbild für die Erlösungtat Christi. Der Schnuller, den das Kind dem Vogel reicht, ist auch als Anspielung auf den mit Essig getränkten Schwamm zu verstehen, den Jesus am Kreuz selbst einmal erhalten wird. Und die düsteren Wolken, von einem kräftigen Windstoß bewegt, könnten auf den Leidensweg Christi vorausweisen. Der in sich gekehrte, ebenso liebevolle wie ernste Blick Mariens deutet ebenfalls darauf hin, dass sie die Passion ihres Sohnes vorausahnt. Das geschlossene Buch, auf das sie ihre linke Hand gelegt hat, repräsentiert die Prophetenworte der Heiligen Schrift, die das Leiden und Sterben des Erlösers voraussagen.
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| Lorenzo di Credi: Madonna di Piazza (um 1474/1486); Pistoia, Dom |
Literaturhinweise
Doehler, Emese (Katalogtexte): Albrecht Dürer – Meisterwerke der Druckgraphik, VDG, Weimar 1999, S. 98;
Preising, Dagmar u.a. (Hrsg.): Albrecht Dürer. Apelles des Schwarz-Weiß. Suermondt-Ludwig-Museum, Aachen 2004, S. 185-187;
Schneider, Erich (Hrsg.): Dürer als Erzähler. Holzschnitte, Kupferstiche und Radierungen aus der Sammlung-Otto–Schäfer-II. Ludwig & Höhne, Schweinfurt 1995, S. 32;
Schoch, Reiner: Maria mit der Meerkatze, um 1498. In: Mende, Matthias u.a. (Hrsg.): Albrecht Dürer. Das druckgraphische Werk. Band I: Kupferstiche und Eisenradierungen. Prestel Verlag, München 2000, S. 70-72;
Sonnabend, Martin (Hrsg.): Albrecht Dürer. Die Druckgraphiken im Städel Museum. Städel Museum, Frankfurt am Main 2007, S. 84;
Sonnabend, Martin: Vor Dürer. Kupferstich wird Kunst. Deutsche und niederländische Kupferstiche des 15. Jahrhunderts aus der Graphischen Sammlung des Städel Museums. Sandstein Verlag, Dresden 2022, S. 272-276.
(zuletzt bearbeitet am 6. Dezember 2025)




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