Sonntag, 7. Januar 2018

Porträt-Kunst der italienischen Frührenaissance (2): die Profilbildnisse des Piero del Pollaiuolo


Piero del Pollaiuolo: Bildnis einer jungen Frau (um 1470); Mailand, Museo Poldi Pezzol
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Bildnisse junger Frauen wurden im Florenz des 15. Jahrhunderts zumeist im Zusammenhang ihrer Heirat von den Ehemännern oder Vätern in Auftrag gegeben. Erlesene Kleidung und Schmuck zeigen den Umfang der Mitgift oder die kostbaren Geschenke des Bräutigams und somit in erster Linie den sozialen Status der Braut. Vorherrschend war dabei die strenge Profilansicht. „Das dem Betrachter gegenüber verschlossen, jeden Blickwechsel verneinende Erscheinen im starren Profil ist als Zeichen der Tugendhaftigkeit zu lesen, deren Demonstration gemäß neuplatonischer Vorstellungen notwendigerweise mit besonderer Schönheit einherging – charakteristische Züge wurden dementsprechend idealisierend geglättet“ (Schumacher 2009, S. 29). 
Zudem bot die Profilansicht die beste Möglichkeit, die geschmückten, bei verheirateten Frauen stets streng gebundenen Frisuren zu präsentieren. Sie betonte darüber hinaus wirkungsvoll die gängigen Kriterien für weibliche Schönheit: Die Stirn sollte sehr hoch, von den Schläfen viel sichtbar sein; die schöne Frau der Frührenaissance zeichnete sich zudem durch einen lange Hals aus. Das war nur zu erreichen, wenn man die Stirn- und Schläfenhaare auszupfte und die Nackenhaare rasierte. Vor allem Piero del Pollaiuolo (1443–1496) perfektionierte den Typus der kostbar ausstaffierten Profilbüste vor einfarbigem Hintergund, der die Braut in erster Linie als dekoratives Objekt vorführt.
Piero del Pollaiuolo: Bildnis einer jungen Frau (um 1465); Berlin,
Gemäldegalerie (für die Großansicht einfach anklicken)
Piero del Pollaiuolo: Bildnis einer jungen Frau (um 1480); New York,
The Metropolitan Museum of Art (für die Großansicht einfach anklicken)

Das weibliche Profilporträt, an dem in Italien bis zum Ende des 15. Jahrhunderts festgehalten wurde, dürfte zum einen eine Übernahme von Stifterbildnissen in religiösen Gemälden sein; zum anderen spiegelt sich in diesem Darstellungstypus das wiedererwachte Interesse an antiken Münzen und Medaillen, die damals schon begehrte Sammelobjekte waren.

Literaturhinweise
Christiansen, Keith/Weppelmann, Stefan (Hrsg.): Gesichter der Renaissance. Meisterwerke italienischer Portrait-Kunst. Hirmer Verlag, München 2011, S. 101-105;
Schumacher, Andreas: Der Maler Sandro Botticelli. Eine Einführung in sein Werk. In: Andreas Schumacher (Hrsg.), Botticelli. Bildnis – Mythos – Andacht. Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2009, S. 15-55.

(zuletzt bearbeitet am 25. Februar 2019) 

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