Matthias Grünwald: Auferstehung Christi (Isenheimer Altar, 1512-16); Colmar, Musée d'Unterlinden (für die Großansicht einfach anklicken) |
Matthias Grünewald. Isenheimer Altar, 2. Schauseite (für die Großansicht einfach anklicken) |
Von Christus geht im Moment seiner Auferstehung eine Leuchtkraft aus, als habe er eine Substanz wie flüssiges Metall aangenommen. Der Oberkörper, die Arme mit den brennend roten Wundmalen an den Händen, die blutrote Brustwunde und der ebensolche Mund sind von einem überirdischen Licht verklärt. „Wie eine nach außen abklingende Glutgehen Haarfarbe und Farbe der Gewandpartien um den Oberkörper in leuchtendes Gelb über, an dessen Rändern eine rötliche Tönung beginnt“ (Grimm 2002, S. 38). Christi Haupt bildet das strahlende Zentrum einer Sonne, in deren Helligkeit sich sein Gesicht fast aufzulösen scheint. Sie bedeutet: Der Auferstandene ist die Sonne der Welt, die endlich die Nacht des Todes besiegt hat. An ihren Rändern blitzen die Sterne auf: Das Ostergeschehen gilt für die ganze Schöpfung. Das Universum hat seinen Herrn erhalten, den Pantokrator, den Weltenherrscher Jesus.
Der auferstandene Christus: Herr des Universums |
Der geschundene Leib Jesu aus Grünewalds Kreuzigungsszene wird zum ersten Stück eines neuen Himmels und der neuen Erde. Denn der spätmittelalterliche Künstler malt hier nicht die Wiederbelebung eines Toten, seine Rückkehr ins bisherige Dasein. Grünewald hat hier in einer einzigartigen koloristischen Bilderfindung als Erster dargestellt, wovon Paulus in seinem ersten Brief an die Korinther spricht: Auferstehung wird nicht Wiederherstellung des alten Leibes sein; Auferstehung bedeutet vielmehr Verwandlung (1. Korinther 15,51). Aber die Gestalt Jesu bleibt bei dieser Neuschöpfung erkennbar, sodass ihn auch die Jünger bei seiner Erscheinung in Emmaus und am See Genezareth erkennen.
Der verklärte Leib bleibt dennoch erkennbar |
Albrecht Dürer: Auferstehung Christi (1510); Holzschnitt (für die Großansicht einfach anklicken) |
Für den vor der zweiten Schauseite stehenden Betrachter gipfeln die drei von links nach rechts zu lesenden Darstellungen im Sonnenmotiv der Auferstehung. Es klingt im Zentrum bereits zweimal an: nämlich in der Aura Mariens im Engelskonzert und abgewandelt in der Glorie um Gottvater über der Geburtsszene. „Im übrigen sind es vorrangig die mächtigen Rottöne und die ebenso markant als Folie für hochdifferenzierte Lichtwirkungen ins Auge fallenden Dunkelzonen, die die drei Szenen dieser Schauseite zu einer großgesehenen Einheit zusammenschließen“ (Arndt 2007, S. 24).
Literaturhinweise
Arndt, Karl: Mathis Neithart Gothart, genannt Grünewald in seiner Epoche. In: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe (Hrsg.), Grünewald und seine Zeit. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 2007, S. 19-29;
Cuttler, Charles D.: Further Grünewald Sources. In: Zeitschrift für Kunstgeschichte 50 (1987), S. 539-549;
Grimm, Claus: Grünewalds Bildsprache. In: Rainhard Riepertinger u.a. (Hrsg.), Das Rätsel Grünewald. Konrad Theiss Verlag, Stutgtart 2002, S. 31-44;
Cuttler, Charles D.: Further Grünewald Sources. In: Zeitschrift für Kunstgeschichte 50 (1987), S. 539-549;
Grimm, Claus: Grünewalds Bildsprache. In: Rainhard Riepertinger u.a. (Hrsg.), Das Rätsel Grünewald. Konrad Theiss Verlag, Stutgtart 2002, S. 31-44;
Harnest, Joseph: Der Sternhimmel auf Grünewalds Isenheimer Auferstehung. Phantasie- oder Naturbild? In: Jahrbuch der Berliner Museen 29/30 (1987/88); S. 163-178;
Kettling, Siegfried: Das Evangelium des Malers Mathis. Betrachtungen zum Isenheimer Altar. R. Brockhaus Verlag, Wuppertal 1985;
Kettling, Siegfried: Das Evangelium des Malers Mathis. Betrachtungen zum Isenheimer Altar. R. Brockhaus Verlag, Wuppertal 1985;
Prater, Andreas: Der Isenheimer Altar. Eine Einführung in seine Bildwelt und deren Interpretation. In:
Werner
Frick/Günter Schnitzler (Hrsg.): Der
Isenheimer Altar. Werk und Wirkung. Rombach Verlag, Freiburg i.Br. 2019, S. 9-40;
Ziermann, Horst: Matthias Grünewald. Prestel Verlag, München 2001;
LUT = Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung, revidiert 2017 © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.
(zuletzt bearbeitet am 16. August 2023)
LUT = Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung, revidiert 2017 © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.
Material
1.
Qui resurrexit
In
tausend Bildern habe ich Ihn gesehn.
Als
Weltenrichter, zornig und erhaben,
als
Domgekrönten, als Madonnenknaben, –
doch
keines wollte ganz in mir bestehn.
Jetzt
fühl ich, daß nur eines gültig ist:
Wie
sich dem Meister Mathis Er gezeigt -
doch
nicht der Fahle, der zum Tod sich neigt –
der
Lichtumflossne: dieser ist der Christ.
Nicht
Menschenkunst allein hat so gemalt.
Dem
Grabesdunkel schwerelos entschwebend,
das
Haupt mit goldnem Leuchten rings umschwebend.
Von
allen Farben geisterhaft umstrahlt,
noch
immer Wesen, dennoch grenzenlos,
fährt
Gottes Sohn empor zu Gottes Schoß.
Albrecht Haushofer
(aus:
Albrecht Haushofer, Moabiter Sonette. Berlin 1946, S. 23)
Danke
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