Donnerstag, 11. August 2022

Die Blöße des Erlösers – Michelangelos nackter Christus

Michelangelo: Auferstandener Christus (1519-1521); Rom, Santa Maria sopra Minerva
Die Marmorskulptur des auferstandenen Christus, die Michelangelo von 1519-1521 für einen Grabaltar in der römischen Kirche Santa Maria sopra Minerva schuf, war ursprünglich komplett nackt. Die Auftraggeber, Metello Vari Porcari und sein Vetter Pietro Paolo Castellani, hatten die Figur 1514 ausdrücklich so bestellt. Ein gänzlich unbekleideter Christus, lebensgroß? Für Michelangelo scheint das kein Problem gewesen zu sein, denn zum einen orientierte er sich an der Antike, die den nackten menschlichen Körper mit größter Selbstverständlichkeit darstellte. Zum anderen galt die ,,ostentatio genitalium“ als Siegel und Beweis der Fleischwerdung Christi.
S. Maria sopra Minerva in Rom, davor Berninis Elefant
Aber dabei blieb es nicht. Die Nacktheit Christi muss schon bald Widerspruch erregt haben. Spätestens ab 1588 bedeckte man die Blöße des Erlösers mit einer bronzenen Draperie; trotzdem schlug ein Mönch im 17. Jahrhundert das Geschlechtsteil der Figur ab. 1735 und nochmals 1933 wurde das Lendentuch erneuert. Sämtliche Nachbildungen der Figur aus dem 16. Jahrhundert zeigen die Skulptur bereits verhüllt“, als diese noch unberührt in Santa Maria sopra Minerva stand – so etwa die Marmorkopie des italienischen Bildhauer Taddeo Landini (1561–1596), die er 1579 für die Kirche Santo Spirito in Florenz anfertigte.
Der Minerva-Christus ohne Bronzedraperie
Darüber hinaus versah man den rechten Fuß von Michelangelos Auferstandenem Christus mit einem metallenen Schuh, um ihn vor den zahlreichen Küssen römischer Verehrerinnen zu schützen. Die Römer waren traditionell abergläubisch: „Während etwa die jungen Männer sich vom Berühren der Hoden des Pferdes der Marc-Aurel-Statue auf dem Kapitol eine Steigerung ihrer Zeugungskraft versprachen, glaubten die jungen Frauen, daß ihnen ein Kuß auf den rechten Fuß des Christus bei der Partnersuche helfen würde. Später dann suchten die schwangeren Frauen Jacopo Sansovinos Madonna del Parto in S. Agostino auf, um für eine komplikationslose Niederkunft zu beten. Skulptur gehörte also im 16. Jahrhundert in Rom in einem Maße zur Alltagskultur, wie man es sich heute kaum mehr vorstellen kann“ (Zöllner 2007, S. 234/238).
... und mit Metallschuh
Taddeo Landini: Auferstandener Christus (1579); Florenz, Santo Spirito
Michelangelo stellt seinen Christus (Höhe 205 cm ohne Kreuz) zwar mit den Passionswerkzeugen Strick, Essigschwamm und Bambusrohr dar, was an die Tradition des mittelalterlichen Schmerzensmannes erinnert. Allerdings fehlen Spuren der Folter und des Todeskampfes, ebenso direkte Hinweise auf das vergossene Blut Jesu wie etwa Nägel, Lanze oder Dornenkrone; auf die Wundmale hat der Künstler völlig verzichtet, an den Händen und Füßen sind sie später als kaum sichtbare kleine Löcher hinzufügt worden.
 
Nicht den Leidenden zeigt Michelangelo, sondern den glorreich auferstandenen Christus. Entsprechend wird das Kreuz wie ein Wahrzeichen des Sieges und der Herrschaft über den Tod präsentiert. Der Auferstandene umschließt es mit seinen Armen und betont damit, dass er seinen Kreuzestod freiwillig auf sich genommen hat. Auch die Haltung des Körpers, seine ,Serpentinata‘-Verschränkung mit dem großen Kreuz, von dessen Querbalken der Körper optisch eingespannt wird, zeigt die Untrennbarkeit von Figur und schicksalsträchtigem, aber auch heilsgeschichtlich bedeutsamem Attribut“ (Schwedes 2000, S. 357). Hinter der aufrecht stehenden Figur sinkt das Leichentuch Christi zu Boden und bedeckt ein baumstumpfartiges Gebilde – auch dies ein Hinweis auf die Auferstehung.
Wir sehen einen Christus in anmutiger, völlige Gelassenheit ausstrahlender Pose, „die sich nicht zuletzt darin ausdrückt, daß die Figur insgesamt von einem weichen Bewegungsfluß erfaßt ist“ (Poeschke 1992, S, 101). Sein ebenmäßig-fester, athletisch-wohlgeformter Leib verweist auf das antike Körperideal, das auch bei dieser sakralen Thematik für Michelangelo bestimmend bleibt. Ganz ähnlich hatte Michelangelos Zeitgenosse Albrecht Dürer nachdrücklich betont, dass Christus als schöner Mensch analog dem Apoll der Griechen zu gestalten sei (siehe meinen Post Aus Apoll wird Adam). Ausgesprochen unantik ist beim Minerva-Christus allerdings die von der Bauchzone ausgehende Drehung der Figur. Christoph Luitpold Frommel erinnern die gegenläufigen Bewegungen von Blick und Körper an Raffaels Galatea aus der römischen Villa Farnesina (1514). Dass der Betrachter tatsächlich keine antike Gottheit vor sich wähnen musste, zeigt auch das Haupt des Auferstandenen: Es ist von Michelangelo nach dem traditionellen Antlitz Christi gestaltet, dass sich der Legende nach dem Schweißtuch der Veronika eingeprägt hat und dann als Vera Icon (wahres Abbild“) überliefert wurde.  
Raffael: Triumph der Galatea (1515); Rom, Villa Farnesina
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Die Nacktheit Christi lässt sich auch biblisch begründen, wenn man den Sohn Gottes als zweiten Adam versteht. Durch dessen Gehorsam wird nämlich die Todverfallenheit des Menschen – Auswirkung des Sündenfalls – aufgehoben: „Wie nun durch die Sünde des Einen die Verdammnis über alle Menschen gekommen ist, so ist auch durch die Gerechtigkeit des Einen für alle Menschen die Rechtfertigung gekommen, die zum Leben führt. Denn wie durch den Ungehorsam des einen Menschen die Vielen zu Sündern geworden sind, so werden auch durch den Gehorsam des Einen die Vielen zu Gerechten“ (Römer 5,18-19; LUT). Da Adam beim Sündenfall nackt war, konnte und musste auch der Erlöser als seine typologische Entsprechung nackt dargestellt werden. Die makellose Nacktheit des Auferstandenen nimmt sich also nicht nur das Ideal der Antike zum Vorbild, sondern symbolisiert ebenso die paradiesische Vollkommenheit, „die keine Scham kennt, weil es in ihr keine Sünde gibt“ (Prange 2000, S. 92). Es sind der Opfertod und die Auferstehung Christi, die dem Menschen die Rückkehr zu solch paradiesischer Vollkommenheit wieder ermöglichen.
Für eine Deutung der Skulptur als zweiter Adam spreche, so Gerda S. Panofsky, dass Darstellungen des aus seinem Grab auffahrenden Christus ihn nie ohne sein Leichentuch zeigen. Allerdings scheint ihr das Tuch hinter dem Rücken Christi entgangen zu sein, denn sie erwähnt es in ihrem Aufsatz zu Michelangelos Skulptur mit keinem Wort. Auch steige Christus niemals mit seinem baumlangen Kreuz aus dem Sarkophag, sondern halte allenfalls eine Siegesfahne oder ein dünnes Prozessionskreuz in der Hand.
Michelangelos Statue war ursprünglich für eine enge, dunkle Nische konzipiert und angefertigt worden, aus der Christus regelrecht einen Schritt nach vorn macht, als trete er aus dem Grab und dem Schatten des Todes hervor. Das linke Bein Christi trägt die gesamte Last des Körpers. „The advanced right leg is in the act of pressing the front part of the foot into the ground; the heel is raised and the toes curl downward as if making an impression in the soft earth“ (Wallace 1997, S. 1276). Der ca. zehn Zentimeter hohe, rauhen Fels imitierende Stein direkt unter den Zehen Christi gehört nicht zur Originalskulptur; er wurde zu einem unbekannten Zeitpunkt als separater Sockel hinzugefügt. Der Fußabdruck des Auferstandenen gehört zur Ikonografie mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Darstellungen der Himmelfahrt Christi, wie z. B. auf Albrecht Dürers Holzschnitt aus der Kleinen Passion zu sehen. William E. Wallace geht davon aus, dass Michelangelo mit der Bewegung des rechten Fußes, der sich in den Stein zu drücken scheint, auch die Himmelfahrt Jesu andeutet.
Albrecht Dürer: Himmelfahrt Christi (1510); Holzschnitt
Auf der vom Betrachter aus linken Seite von Michelangelos Statue dominieren das Kreuz mit seinem breiten Balken und die Passionswerkzeuge, mit seinem Kopf wendet sich Christus jedoch davon ab und leitet so über zur anderen Seitenansicht, „in der sowohl die herkulische und unversehrte Leiblichkeit seines Körpers, der Triumph des Auferstandenen über den Tod, als auch die Macht und Stärke des Gottessohnes gefeiert werden“ (Schwedes 2000, S. 360). Michelangelos Skulptur ist deswegen ein Andachtsbild, das zum einen den sündhaften Menschen an den für ihn gestorbenen Sohn Gottes erinnert und somit zur Buße auffordert, zum anderen die Hoffnung des Gläubigen auf das durch Christi Opfertod für ihn errungene ewige Leben nach dem Tod bestärkt.
Michelangelo: Auferstandener Christus (1. Fassung); Bassano Romano, San Vincenzo Martire
Deutlich sichtbar: die dunkle Ader im Gesicht von Michelangelos erster
Version des Christus
Der Minerva-Christus ist Michelangelos zweite Version dieser Skulptur. Er fertigte sie an, weil auf der linken Gesichtshälfte eine störende dunkle Maserung zum Vorschein gekommen war – der Meister ließ den begonnenen Marmorblock unvollendet liegen. Christoph Luitpold Frommel vertritt die Ansicht, der junge Bernini habe dieser ersten Statue im Auftrag des Marchese Vincenzo Giustinani um 1618/19 sein heutiges Aussehen verliehen. Im Gegensatz zum Minerva-Christus ist das rechte Knie der zweiten Fassung leicht gebeugt und das Bein daher etwas zurückgesetzt. Der Kontrapost, Kennzeichen der klassischen antiken Statue, wird so zum bestimmenden Motiv der Figur. Der linke Arm umfasst nicht über die Brust hinweg das Kreuz, sondern hängt an der Seite herab, die Linke greift dabei in die Falten eines Tuches, das teilweise einen stützenden Baumstumpf bedeckt.
Die Zweitfassung der Skulptur wurde im Sommer 1521 von Florenz aus verschifft. Als die Statue endlich in Rom ankam und in S. Maria sopra Minerva aufgestellt werden sollte, mussten noch einige Details vollendet werden. Michelangelo betraute seinen Assistenten Pietro Urbano mit dieser Aufgabe – der jedoch pfuschte, und zwar am rechten Fuß, an der rechten Hand, an der Nase und am Bart, wie Sebastiano del Piombo dem Meister in einem Brief berichtete. Die Figur wurde dann von Federico Frizzi, einem weiteren Bildhauer, wieder „repariert“. Frizzi fertigte auch die Nische an, vor oder in der Michelangelos Auferstandener Christus zunächst ihren Platz fand.

Literaturhinweise
Baldriga, Irene: The first version of Michelangelo’s Christ for S. Maria sopra Minerva. In: The Burlington Magazine 142 (2000), S. 740-745;  
Danesi Squarzina, Silvia: The Bassano ‛Christ the Redeemer’ in the Giustiniani collection. In: The Burlington Magazine 142 (2000), S. 746-751; 
Danesi Squarzina, Silvia: The Risen Christ. In: Matthias Wivel (Hrsg.), Michelangelo & Sebastiano. National Gallery Company/Yale University Press, London 2017, S. 173-179; 
Frommel, Christoph Luitpold. Die schwarze Ader im Gesicht des Christus. In: F.A.Z. vom 25. April 2009;
Frommel, Christoph Luitpold: Michelangelos „Auferstandener Christus“, seine erste Version, und der junge Bernini. In: artibus et historiae 62 (2010), S. 15-34;
Lotz, Wolfgang: Zu Michelangelos Christus in S. Maria sopra Minerva. In: Gert von der Osten und Georg Kauffmann (Hrsg.), Festschrift für  Herbert von Einem zum 16. Februar 1965. Verlag Gebr. Mann, Berlin 1965, S. 143-150;
Panofsky, Gerda S.: Die Ikonographie von Michelangelos ›Christus‹ in Santa Maria sopra Minerva in Rom. In: Münchner Jahrbuch für Bildende Kunst 1988, S. 89-112;
Poeschke, Joachim: Die Skulptur der Renaissance in Italien. Band 2. Michelangelo und seine Zeit. Hirmer Verlag, München 1992, S. 100-102;
Prange, Peter: Von Feigenblättern und anderen Verhüllungen – Nachrichten aus Moralopolis. In: Peter Prange/Raimund Wünsche, Das Feige(n)blatt... Staatliche Antikensammlungen und Glyptothek, München 2000, S. 65-119;
Schwedes, Kerstin: Wortlose Beredsamkeit. Evokatorische Bildsprache von Michelangelos Römischer Pietà und dem Minerva-Christus. In: Hartmut Laufhütte (Hrsg.), Künste und Natur in Diskursen der Frühen Neuzeit. Harrossowitz Verlag, Wiesbaden 2000, S. 355-372;
Wallace, William E.: Miscellanae Curiositae Michelangelae: A Steep Tariff, a Half Dozen Horses, and Yards of Taffeta. In: Renaissance Quarterly 47 (1994), S. 330-350;
Wallace, William E.: Michelangelo’s Risen Christ. In: The Sixteenth Century Journal 28 (1997), S. 1251-1280; 
Wallace, William E.: Michelangelo. Skulptur – Malerei – Architektur. DuMont Buchverlag, Köln 1999;
Weber, Gerold: Bemerkungen zu Michelangelos Christus in S. Maria sopra Minerva. In: Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte XXII (1969), S. 201-203;
Zöllner, Frank: Michelangelo. Das vollständige Werk. Taschen Verlag, Köln 2007;
LUT = Lutherbibel, revidierter Text 1984, durchgesehene Ausgabe, © 1999 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.

(zuletzt bearbeitet am 20. Februar 2024)

Mittwoch, 10. August 2022

Seht her, ich bin ein Künstler! – Albrecht Dürers Selbstbildnis in Madrid


Albrecht Dürer: Selbstbildnis (1498); Madrid, Museo del Prado
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Albrecht Dürer hat sein Selbstbildnis aus dem Jahr 1498 mit den Worten „Das malt Ich nach meiner gestalt / Ich was sex vnd zwenczig jor alt“ signiert. Der Nürnberger Künstler hat sich im Dreiviertelprofil als Halbfigur vor einem dunkel gehaltenen Innenraum porträtiert; rechts von oihm gibt en steinerner Fensterrahmen den Blick auf eine ferne Landschaft frei. Es ist wohl eine Voralpenlandschaft, die allerdings bislang nicht topografisch bestimmt werden konnte. Es mag jene gebirgige Weite sein, die er drei Jahre zuvor bei seiner ersten Italienreise auf dem Weg nach Venedig durchwandert hatte.
Dürers rechter Unterarm liegt auf einer Brüstung, die in Lederhandschuhe gekleideten Hände sind lässig ineinander gelegt. Zuunterst trägt er ein weißes gefältetes Hemd mit einer Goldborte, darüber ein weißes, bis zum Nabel ausgeschnittenes Wams mit langen Ärmeln, schwarzen Säumen und schwarzen Ärmelstreifen. Die schwarz-weiß gestreifte, um den Elbogen geschnürte Unterarmmanschette „sorgt für das Gegenspiel von Bauschung und Schnürung der Stoffe“ (Zitzlsperger 2008. S. 13). Den über die linke Schulter gelegten braunen Mantel hält eine blau-weiß gedrehte Kordel. 
Dürers Kopfbedeckung entspricht in ihrer Streifung, modisch abgestimmt, dem Wams; ihr spitz zulaufendes und herabhängendes Ende endet in Fransen. Diese sind spiralförmig eingedreht und werden von einem dunklen Band zusammengehalten. Dabei handelt es sich um eine aus der mittelalterlichen gugel, niederländisch kaproen (frz. chaperon), entwickelte Mützenform, deren Blütezeit von ca. 1470 bis ca. 1510 andauerte. In den Kreisen der aufstrebenden und finanzstarken städtischen Kaufmannschaft und des Patriziats wurde diese Art von Zipfelmütze zum typischen Accessoire der männlichen jeunesse dorée“ (Manuth 2001, S. 168). Dürer hatte offenbar schon als junger Mann eine besondere Vorliebe für diese Kopfbedeckung: Bereits auf dem gezeichneten Selbstporträt der Wiener Albertina von 1484 trägt der Dreizehnjährige eine Zipfelmütze.
Albrecht Dürer: Selbstbildnis als Dreizehnjähriger (1484); Wien, Albertina
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Albrecht Dürer: Selbstbildnis (1493); Paris, Louvre
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Dürers erstes gemaltes Selbstporträt ist 1493 entstanden; es befindet sich heute im Louvre. Dieses ältere Selbstbildnis unterscheidet sich von der Anlage her wenig von jenem aus dem Jahr 1498. In beiden Fällen hat Dürer seinen gesamten Oberkörper mit Armen und Händen abgebildet. Nach rechts gewendet, erscheint sein Gesicht im Halbprofil, wobei die Augen den Betrachter mustern. Auf beiden Bildern trägt er kein „Arbeitsgewand“, das ihn als Künstler auswiese (das gab es damals gar nicht), sondern eine vorn tief ausgeschnittene Schecke, deren V-Ausschnitt ein weißes, leicht plissiertes Leinenhemd sehen lässt. Die Schecke war eine modische Sonderform des Wamses. Gegenüber dem Pariser Bildnis weist das Selbstporträt in Madrid, wie bereits erwähnt, am Kragensaum eine aufwendige Goldstickerei mit rautenförmigen Ornamenten auf.
Auf dem Madrider Selbstbildnis blickt Dürer leicht von oben herab in die Augen des Betrachters. Der gestreckte Oberkörper füllt die Bildfläche vollständig aus; die gepflegte, elegante Erscheinung gipfelt in der Frisur: „Das schulterlange Haar ist in gleichmäßige kleine Wellen gelegt, während es 1493 noch strähnig, fast ungepflegt feurig den Kopf umspielt“ (Zitzlsperger 2008, S. 13). Auffallend ist, dass Dürer dem Betrachter keinen Hinweis auf seine Profession präsentiert. Der Künstler gibt sich nicht zu erkennen, entsprechende Attribute sind nicht vorhanden.
Auf beiden Selbstporträts, die Dürer in der Wamsmode zeigen, kommen die Stoffe ohne Samt aus. Der braune Umhang auf dem Madrider Bild besteht aus schlichtem Stoff. „Die Goldstickerei des Hemdkragens ist hier der einzige vestimentäre Materialaufwand“ (Zitzlsperger 2008, S. 14). Ansonsten reduziert sich der „eitle Aufwand seiner Kleidung“ (Rebel 1999, S. 122), wie dem Selbstporträt immer wieder nachgesagt wurde, auf die akkurate Frisur Dürers, seine aufrechte Körperhaltung und den schwarzweißen Gewand- bzw. Mützenstoff.
Dürers Inschrift und das berühmte Monogramm
Es ist nicht die Bekleidung, mit der sich Dürer ostentativ über seinen Handwerkerstand hinwegsetzt, sondern das autonome Selbstporträt an sich. Auch die Handschuhe sind hier zu nennen: „Der Handschuh hob seinen privilegierten Träger in der Regel vom Handwerker ab, denn der Handschuhträger war kein Handarbeiter, der sich die Hände schmutzig machte“ (Zitzlsperger 2008, S. 21). Zusammen mit seiner Person beansprucht Dürer im Bild zugleich für die Malerei bzw. den Künstler einen höheren Stand. Darauf verweist er nicht optisch durch Attribute, sondern schriftlich durch den Vermerk, dass er sich im Alter von 26 Jahren malte. „Erstmals gibt er sich 1498 in der Bildinschrift als Künstler zu erkennen, um sich jedoch im selben Bild subtil von dessen gesellschaftlichem Stand abzusetzen bzw. den Stand des Künstlers aufzuwerten“ (Zitzlsperger 2008, S. 21).
Gemalt hat sich Dürer, wenn wir der Beschriftung folgen, zwischen dem 25. Dezember 1497 (an dem das Jahr 1498 begann) und seinem Geburtstag am 21. Mai 1498. Den Anlass kennen wir nicht. Aber sichtbar hat sich 1497/98 seine Selbsteinschätzung verändert: Der Handwerker versteht sich jetzt als Künstler. 1497 macht sich Dürer selbstständig, sein erster signierter Kupferstich kommt auf den Markt, und seine Grafiken tragen fortan als Markenzeichen das bekannte Monogramm, bei dem ein kleines D in das große A gestellt wird.
Thomas Eser vertritt die These, dass Dürer sein Selbstbildnis als Probe oder Demonstrationsstück und damit „als sichtbaren Ausweis seiner hohen Fähigkeiten als Porträtist“ (Eser 2011, S. 159) für künftige Auftraggeber schuf. Für das Madrider Gemälde scheint dies durchaus plausibel: Zum einen stellte er sich selbst in einer für bürgerliche Bildnisse der Zeit üblichen Repräsentationsform dar; zum anderen erhielt Dürer ein Jahr nach seiner Selbstdarstellung Aufträge für fünf Porträts, die alle eine Landschaft im Hintergrund zeigen. Die herausragende Qualität der Ausführung spricht ebenfalls dafür, dass Dürer mit diesem Bildnis potentielle Auftraggeber überzeugen und beeindrucken wollte, indem er ihnen größtmögliche Perfektion vor Augen führte.
Michael Wolgemut: Bildnis des Levinus Memminger (um 1485);
Madrid, Museo Thyssen-Bornemisza
Als Inspiration für Dürers Komposition dürften die Porträts seines Lehrmeisters Michael Wolgemut (1434–1519) gedient haben, wie etwa das Bildnis des Levinus Memminger (um 1485): auf dem sich ein Fensterausblick auf eine detailreiche bergige Landschaft mit einer Falkenjagd am Himmel öffnet.

Literaturhinweise
Eser, Thomas: Dürers Selbstbildnisse als „Probestücke“. Eine pragmatische Deutung. In: Andreas Tacke/Stefan Heinz (Hrsg.): Menschenbilder. Beiträge zur Altdeutschen Kunst. Michael Imhof Verlag, Petersberg 2011, S. 159-176;
Hirschfelder, Dagmar: Dürers frühe Privat- und Auftragsbildnisse zwischen Tradition und Innovation. In: Daniel Hess/Thomas Eser (Hrsg.), Der früher Dürer. Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg 2012, S. 101-116;
Manuth, Volker: Dürer ein Dandy? – Beobachtungen zum Kostüm des Künstlers. In: Bodo Brinkmann u.a. (Hrsg.), Aus Albrecht Dürers Welt. Festschrift für Fedja Anzelewsky. Brepols Publishers, Turnhout 2001, S. 165-171;
Rebel, Ernst: Albrecht Dürer. Maler und Humanist. C. Bertelsmann Verlag München 1996; 
Richter, Kerstin: Unverwechselbar. Zur Porträt-Tradition bis 1500 in Deutschland und den Niederlanden. In: Messling, Guido/Richter, Kerstin (Hrsg.), Cranach. Die Anfänge in Wien. Hirmer Verlag. München 2022, S. 35-43;
Schröder, Klaus Albrecht/Sternath, Maria Luise (Hrsg.): Albrecht Dürer. Zur Ausstellung in der Albertina Wien. Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2003, S. 226-228;
Zitzlsperger, Philipp: Dürers Pelz und das Recht im Bild. Kleiderkunde als Methode der Kunstgeschichte. Akademie Verlag, Berlin 2008.

(zuletzt bearbeitet am 10. August 2022)

Montag, 8. August 2022

Irritierend schön – die Rokeby-Venus von Diego Velázquez

Diego Velázquez: Venus mit dem Spiegel/Rokeby-Venus (um 1648/51); London, National Gallery
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Auf einem breitformatigen Gemälde zeigt uns Diego Velázquez (1599–1660) eine junge, sehr schlanke nackte Frau, die sich mit dem Rücken zum Betrachter auf einem mit luxuriösen Stoffen bedeckten Lager ausstreckt. Den Kopf auf den rechten Arm gestützt, blickt sie in einen Spiegel, den ein kleiner geflügelter Knabe kniend vor sie hält. Hinterfangen wird die Szene von einer leicht zur Seite gezogenen roten Draperie. Hell hebt sich das leicht rosige Inkarnat der nackten Frau von dem seidig schimmernden schwarzen Stoff ab, auf den sie sich gebettet hat. Akzente setzen die weißen und mattgrünen Schleier vor Schoß und Brust der Frau sowie die blauen und rosa Bänder über der Schulter und in den Händen des Knaben. Der Ort der Szene ist nicht näher bestimmbar; die neutrale grau-braune Fläche rechts neben dem Vorhang ist leer. Das verlorene Profil der dunkelhaarigen Nackten lenkt den Blick auf den schwarz gerahmten Spiegel vor ihr in der Mitte des Bildes; verschwommen erscheint dort das Gesicht der Frau. Die Draperien nehmen die Linienzüge des Körpers auf; die nach rechts ansteigenden Falten des schwarzen Seidentuches „tragen den Körper in einem Bogen, der das Bild in seiner gesamten Breite durchspannt“ (Prater 2014, S. 201).
Bei einer schönen nackten Frau in Gesellschaft eines geflügelten Knaben, der niemand anders sein kann als der Liebesgott Amor, muss es sich wohl um Venus, seine Mutter, handeln. Und wenn der Kleine ihr mit einem Spiegel zu Diensten ist, scheint das Thema offensichtlich die Toilette der Liebesgöttin zu sein. Allerdings blickt sich die Frau nicht selbst im Spiegel an, um etwa ihr Aussehen zu prüfen. Vielmehr wird der Spiegel so gehalten, dass sie den Betrachter sieht. Hier entstehen einige der Irritationen, die Kunsthistoriker bis heute beschäftigen: Wieso ist der Kopf im Spiegel so unmotiviert „unscharf“? Und: Stellt sich der Betrachter mittig vor die im Gemälde dargestellte Szene, ist nach den Gesetzen der Optik das von Velázquez gemalte Gesicht eigentlich nicht sichtbar. Venus kann sich also im Spiegel, den Amor ihr präsentiert, nicht sehen, und der Betrachter wiederum kann Venus, wie sie im Spiegel reflektiert wird, ebenfalls nicht sehen. Im Spiegel erscheinen müsste vielmehr ein Fragment des vom weißen Tuch teilweise verdeckten nackten Körpers.
Von der Suffragette Mary Richardson 1914 regelrecht zerhackt
Velázquez‘ Venus mit dem Spiegel wird erstmals 1651 in einem Inventar erwähnt; das Bild dürfte zwischen 1648 und 1651 entstanden sein. 1813 gelangte es in den Besitz des englischen Abgeordneten John Morritt, der das Gemälde in seinem Landsitz Rokeby Hall aufhängen ließ – wodurch es seinen bis heute gängigen Namen Rokeby-Venus erhielt. Seit 1906 befindet sich das Bild in der Londoner National Gallery. Am 10. März 1915 verübte dort eine militante Frauenrechtlerin ein Attentat auf die Rokeby-Venus, obwohl nur für dieses eine Bild ein Sicherheitsbeamter abgestellt worden war. Mit einem Fleischerbeil zerschlug sie das Glas und brachte dem freiliegenden Gemälde dann mehrere Schnitte bei; die Leinwand konnte allerdings erfolgreich restauriert werden.
Die Rokeby-Venus war ursprünglich kein autonomes Kunstwerk. Es ist eine Auftragsarbeit, die Velázquez als Pendant-Ergänzung zu einem bereits vorhandenen Gemälde geschaffen hat, nämlich zu der Aktdarstellung eines unbekannten venezianischen Malers des 16. Jahrhunderts. Die beiden Bilder mit dem gleichen Format (122,5 x 177 cm) wurden seit dem Beginn des 17. Jahrhunderts nachweislich als Paar bzw. Gegenstücke aufgehängt. Das venezianische Gemälde zeigt ebenfalls eine ausgestreckte nackte Frau in gleicher Größe (knapp lebensgroß) und in analoger Pose – nur wird sie von vorne gezeigt. Auch Physiognomie und Haartracht der beiden Frauen sind einander sehr ähnlich. Der Pendant-Charakter der beiden Gemälde zeigt sich auch darin, dass Velázquez seinen Akt in einem Interieur darstellt, während das venezianische Bild die Frau in einer Landschaft einbettet – „wobei die geschwungene Kontur des roten Vorhangs spiegelsymmetrisch der Grenze zwischen dem dunklen Vordergrund und dem hellen Hintergrund im venezianischen Gemälde entspricht“ (Thürlemann 2006, S. 77/78).
Tizian: Venus bei der Toilette (um 1555); Washington, National Gallery of Art
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Als eine der möglichen Inspirationsquellen für Velázquez‘ Venus mit dem Spiegel wird immer wieder eine Komposition von Tizian genannt: seine Venus bei der Toilette. Und noch ein weiteres Gemälde scheint in der Vorgeschichte zu dem Bild von Velázquez eine Rolle gespielt zu haben: Um 1614/15 schuf Peter Paul Rubens ebenfalls eine Toilette der Venus; sein Gemälde bezieht sich offensichtlich auf Tizians Komposition mit dem gleichen Thema. Abgesehen von dem hinzugefügten Kopf der schwarzen Dienerin in der rechten oberen Ecke gibt es, was die Figuren und den Handlungsrahmen betrifft, zwischen Rubens‘ Gemälde und dem Bild von Tizian keine Unterschiede – bis auf eine entscheidende Änderung: Rubens fast vollständig nackte, sitzende Venus ist in Rückenansicht dargestellt. Auch Amor – bei Rubens größer gewachsen als bei Tizian – hat für den Betrachter die Seite gewechselt.  „Im Vergleich der beiden Bilder ergibt sich für den Betrachter der Eindruck, als wäre Tizians Figurengruppe von Rubens um 180° im Uhrzeigersinn gedreht worden, wobei freilich die reflektierende Seite des Spiegels weiterhin nach vorne ausgerichtet bleibt“ (Thürlemann 2006, S. 81).
Allerdings hat der Spiegel bei Rubens eine andere Form und zeigt ein anderes Bild: Er ist achteckig und an den Rändern facettiert. Vor allem aber ist darin das Gesicht der Venus nicht mehr fragmentarisch, sondern wie in einem gemalten Porträt vollständig zu sehen. Auch die Venus von Rubens blickt über das Spiegelbild auf den Betrachter zurück. Der ist jetzt jedoch nicht mehr, wie bei Tizian, ein ertappter Voyeur im eigentlichen Sinn. „Es stellt sich vielmehr eine Art Komplizenschaft zwischen Venus, die sich zusammen mit ihrem Gehilfen um ihre Schönheit kümmert, und dem Betrachter ein, der ihre Schönheit bewundert. Der erotisch motivierte Blick ist kein Vergehen mehr“ (Thürlemann 2006, S. 82).
Peter Paul Rubens: Toilette der Venus (um 1615); Vaduz, Liechtenstein Museum
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So ergibt sich die Verbindung zu Velázquez: Sein Frauenakt scheint die Kenntnis von Rubens‘ Variation der Tizian-Komposition vorauszusetzen. Anders aber als bei Rubens, bei dem sich zwar ebenfalls das ganze Gesicht der Venus im Spiegel zeigt, ist der Spiegel bei Velázquez vom Kopf der Göttin jedoch deutlich entfernt – mit den bereits beschriebenen optischen Konsequenzen. Das gilt, wenn der Betrachter sich mittig vor das schwarz gerahmte Gemälde stellt, um es zu betrachten. Anders aber steht es, so führt Felix Thürlemann aus, wenn man vom gemalten, ebenfalls schwarz gerahmten Spiegelbild ausgeht. Es verweise das Betrachterauge nämlich in eine Position außerhalb des linken Randes der Bildfläche. „Denn nur aus dieser Position kann der vom gemalten Spiegelbild postulierte Rezipient einem elementaren Spiegelgesetz folgend (Einfallswinkel = Ausfallswinkel) das Gesicht der Göttin im Spiegel sehen“ (Thürlemann 2006, S. 86). Venus umgekehrt aber sieht darin nicht sich, sondern den links vom Bild anzunehmenden Betrachter. Auch Velázquez spielt also das Spiel mit dem ertappten Voyeur. Und wenn man die Rolle Amors mit bedenkt, so ist er es, der den Spiegel so hält, dass Venus nicht sich selbst, sondern den in ihrem Rücken stehenden Voyeur ins Gesichtsfeld bekommt. „Es ist mehr das Wissen um das Gesehenwerden, nicht das Sehen selbst, das bei Velázquez den Betrachter zum wirklichen ertappten Voyeur mit schlechtem Gewissen macht“ (Thürlemann 2066, S. 86).
Da der Rückenakt das Gemälde dominiert, stellt man sich als Betrachter unwillkürlich mittig vor die Bildfläche; wer jedoch das im Spiegel reflektierte Gesicht ernst nimmt, ist gezwungen, eine Position links vom Gemälde einzunehmen. Dieser seitliche Betrachterstandpunkt der Rokeby-Venus entspricht ihrer Funktion als Pendant-Ergänzung zum venezianischen Frauenakt, der links von Velázquez‘ Gemälde hing. „Wer Venus‘ Gesicht nach einer kohärenten mimetischen Logik, die auch die Spiegelgesetze mit einschließt, sehen will, muss sich mittig vor das Pendantpaar, das heißt links von Velázquez‘ Gemälde, hinstellen“ (Thürlemann 2006, S. 86).
Ob es sich bei dem Velázquez-Akt nun wirklich um Venus handelt oder um eine venusgleiche Sterbliche, der Amor ebenso willig dient wie seiner Mutter, lässt sich letztlich nicht mit Bestimmtheit sagen. Auf jeden Fall aber verkörpert die Rokeby-Venus ein weibliches Schönheitsideal, das sich deutlich von dem fast aller anderen gemalten Frauenakte des 16. und 17. Jahrhunderts unterscheidet. Ihr schlanke und taillenbetonte Figur ist einzigartig in der Malerei der Frühen Neuzeit.
Hermaphrodit (2. Jh. v.Chr); Paris, Louvre; Matratze von Gianlorenzo Bernini (1620)
Der Kunsthistoriker Carl Justi äußerte 1888 die Vermutung, Velázquez habe den Körper seiner liegenden Schönheit nach dem Vorbild des Schlafenden Hermaphroditen geformt, einer berühmten antiken Skulptur, die 1618 in Rom ausgegraben wurde und sich heute im Louvre befindet. Spätestens 1650 hat ihn auch Veláquez bewundert. Der spanische Maler war von der Marmorfigur dermaßen beeindruckt, dass er eine Bronzekopie für die königliche Sammlung in Madrid herstellen ließ. Der Schlafende Hermaphrodit liegt auf dem Bauch, den Kopf zur Seite gedreht, sodass man, wenn man sich ihm von hinten nähert, neben den weichen Schenkeln, dem rundlichen Gesäß und der schmalen Taille auch schon das Gesicht sehen kann. Wer da schläft, scheint eindeutig eine Frau zu sein. Wenn man um die Figur herumgeht, folgt die Überraschung: Zwar ist auch ihre Brust durchaus weiblich geformt, aber das Geschlecht könnte männlicher nicht sein – ihr Penis ist erigiert. Die Mutter der mythologischen Gestalt des Hermaphroditos ist nun keine andere als Venus selbst. Bei Ovid heißt es, er habe seinen Eltern so sehr geglichen, dass sie sich entschieden, ihm einen Nahmen zu geben, in dem sie als als Hermes und Aphrodite mitklingen (IV, 271-388).
Diego Velázquez: Las Hilanderas (um 1657); Madrid, Museo del Prado
Diego Velázquez: Weibliche Figur (um 1648);
Dallas, Meadows Museum
Der nackte Körper der Rokeby-Venus mag zwar stark den an Schlafenden Hermaphroditen erinnern, aber das gilt nicht für ihren Kopf, und schon gar nicht für ihr Gesicht. Von ihrer Frisur und dem leicht verlorenen Profil her gleicht sie der Spinnerin vorne rechts auf Velázquez
Gemälde Las Hilanderas (um 1657). Und sie gleicht darüber hinaus dem Mädchen auf einem Bild, das heute unter dem Titel Weibliche Figur im Meadows Museum in Dallas hängt (um 1648). Möglicherweise hat Velázquez also seine Venus vor dem Spiegel, das Wollfäden aufwickelnde Mädchen auf den Hilanderas und die Weibliche Figur nach dem gleichen Modell gemalt.

Literaturhinweise

Justi, Carl: Velázquez und sein Jahrhundert. Zweiter Band. Max Cohen & Sohn, Bonn 1888, S. 368-372;

Poeschel, Sabine: Starke Männer – schöne Frauen. Die Geschichte des Aktes. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2014, S. 107-109,
Prater, Andreas: Im Spiegel der Venus. Velázquez und die Kunst, einen Akt zu malen, Prestel Verlag, München: 2002;

Prater, Andreas: Diego Velázquez – Venus mit dem Spiegel (Rokeby Venus). In: Sabine Haag (Hrsg.), Velázquez. Kunsthistorisches Museum Wien. Hirmer Verlag, München 2014, S. 201-207;

Prater, Andreas: Bilder ohne Ikonographie? Velázquez und die venezianische Malerei. In: Zeitschrift für Kunstgeschichte 77 (2014), S. 333-360;

Thürlemann, Felix: Velázquez’ Venus mit dem Spiegel. Das Gemälde als Transformator des Blicks. In: Steffen Bogen u.a. (Hrsg.), Bilder Räume Betrachter. Festschrift für Wolfgang Kemp zum 60. Geburtstag. Dietrich Reimer Verlag, Berlin 2006, S. 74-89;

Zollinger, Edi: Herkules am Spinnrad. Rubens – Velázquez – Picasso. Carl Hanser Verlag, München 2020, S. 128-131.

(zuletzt bearbeitet am 19. September 2022)