Matthias Grünwald: Johannes der Täufer, 1. Schauseite des Isenheimer Altars |
Matthias Grünewald: Isenheimer Altar, 1. Schauseite (1512-1516); Colmar, Musée d’Unterlinden (für die Großansicht einfach anklicken) |
Während der Französischen Revolution wurde das
Isenheimer Kloster 1793 geplündert und verwüstet. Der Grünewald-Altar konnte
jedoch gerettet und in der Bezirksbibliothek von Colmar sichergestellt werden.
Nachdem das Kunstwerk Jahrzehnte dort auf dem Dachboden gelagert hatte, brachte
man es 1852 in das neu errichtete Museum „Unterlinden“, ein ehemaliges Kloster in Colmar, wo es auch heute noch besichtigt werden kann. 1918, noch
während des Ersten Weltkriegs, deportierte man den Altar nach München in die
Alte Pinakothek. Grünewalds Malerei war vielen bis dahin unbekannt geblieben;
jetzt erregte sie bei Wissenschaftlern und Künstlern großes Aufsehen. Besonders
die Expressionisten entdeckten in Grünewalds ausdrucksstarker und farbmächtiger
Malerei ein Vorbild.
Der geschundene Leib Christi (für die Großansicht einfach anklicken) |
1919 kehrte der Altar ins Elsass zurück. Er gehört zu den
besterhaltenen Kunstwerken des Mittelalters und hat keinerlei Ausbesserung oder
Übermalung erleiden müssen. Seine Farben leuchten – dank einer besonderen, unbekannt gebliebenen Technik des
Meisters – noch heute mit ihrer ursprünglichen Strahlkraft.
Grünewald schuf einen sogenannten Wandelaltar,
dessen Aussehen sich im Verlauf des Kirchenjahres änderte, indem seine
Bildtafeln auf- oder zugeklappt wurden. Geschlossen (wie an Werktagen und zu
Bußzeiten üblich) zeigte er die Kreuzigung, links und rechts davon auf schmalen
Seitentafeln die Heiligen Sebastian und Antonius sowie in der Predella (dem
Altar-Unterbau) die Beweinung Christi. An Sonn- und niederen Feiertagen wurde
das Passionsbild geöffnet, und die zweite Schauseite bot sich dar: links die
Verkündigung an Maria, in der Mitte die Geburt Jesu und das Engelskonzert,
rechts die Auferstehung des Gekreuzigten. An hohen Feiertagen wurde der Altar
ein weiteres Mal aufgeschlagen. Dann sahen die Betrachter die Schnitzfiguren
(Antonius, Augustinus und Hieronymus) des Nikolaus von Hagenau, dazu das
Gespräch zwischen Antonius und Paulus auf dem linken und die Versuchung des
Antonius auf dem rechten Seitenflügel. Der Eindruck des Altars, der bei
geöffneten Flügeln bis zu 7 Meter breit war, muss überwältigend gewesen sein.
Heute ist er im Colmarer Museum so umgebaut, dass alle Schauseiten gleichzeitig
zu sehen sind.
Matthias Grünewald: Isenheimer Altar, 2. Schauseite (für die Großansicht einfach anklicken) |
Matthias Grünewald: Stuppacher Madonna (1519); Bad Mergentheim-Stuppach, Pfarrkirche Mariä Krönung (für die Großansicht einfach anklicken) |
Matthias Grünwald: Kreuztragung Christi (um 1523/25); Karlsruhe, Staatliche Kunsthalle |
Literaturhinweise
Arndt, Karl: Mathis Neithart Gothart, genannt Grünewald
in seiner Epoche. In: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe (Hrsg.), Grünewald und
seine Zeit. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 2007, S. 19-29;
Cuttler, Charles D.: Grünewald Sources. In: Zeitschrift für Kunstgeschichte 50 (1987), S. 539-549;
Prater, Andreas: Der Isenheimer Altar. Eine Einführung in seine Bildwelt und deren Interpretation. In:
Werner
Frick/Günter Schnitzler (Hrsg.): Der
Isenheimer Altar. Werk und Wirkung. Rombach Verlag, Freiburg i.Br. 2019, S. 9-40;
Pressl, Claus: Grünewald und die Nation. Ein Beitrag zur Rezeption des Künstlers in Deutschland. In: Johanna Aufreiter u.a. (Hrsg.), KunstKritikGeschichte. Festschrift für Johann Konrad Eberlein. Dietrich Reimer Verlag, Berlin 2013, S. 313-331;
Pressl, Claus: Grünewald und die Nation. Ein Beitrag zur Rezeption des Künstlers in Deutschland. In: Johanna Aufreiter u.a. (Hrsg.), KunstKritikGeschichte. Festschrift für Johann Konrad Eberlein. Dietrich Reimer Verlag, Berlin 2013, S. 313-331;
Reuter, Astrid: Zur expressiven Bildsprache Grünewalds
am Beispiel des Gekreuzigten. In: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe (Hrsg.), Grünewald
und seine Zeit. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 2007, S. 78-86;
Vetter, Ewald M.: Wer war Matthias Grünewald? In: Pantheon 35 (1977), S. 188-197;
Wetzig, Heike: Die Standflügel des Isenheimer Altars. In: Hartmut Krohm/Eike Oellermann (Hrsg.), Flügelaltäre des späten Mittelalters. Dietrich Reimer Verlag, Berlin 1992, S. 238-259;
Ziermann, Horst: Matthias Grünewald. Prestel
Verlag, München 2001.
(zuletzt bearbeitet am 7. März 2024)
(zuletzt bearbeitet am 7. März 2024)
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