Leo von Klenze: Glyptothek (1816–1828); München, Königsplatz (für die Großansicht einfach anklicken) |
Als der bayerische Kronprinz Ludwig (1786–1868) das Grundstück für die Münchner Glyptothek (griech. glypton = Plastik) erwarb, war er bereits begeisterter Sammler antiker Kunst. 1813 etwa gelang ihm der Ankauf des berühmten Barberinischen Fauns, bis heute Highlight der in der Glyptothek ausgestellten antiken Skulpturen (siehe meinen Post „Die Macht des Dionysos“).
Als Baumeister der Glyptothek, die die königlichen Antikensammlungen beherbergen sollte, wählte Ludwig den fast gleichaltrigen Leo von Klenze (1784–1864) aus. Dieser hatte sich an dem 1814 international ausgeschriebenen Architektur-Wettbewerb beteiligt und fand dann mit seinem Entwurf eines Vierflügelbaus um einen quadratischen Innenhof die Zustimmung des Kronprinzen. Klenze war von Ludwig schon vor der Wettbewerbsentscheidung als Hofbaumeister in München angestellt worden. Sein Credo lautete: „Es gab und gibt nur Eine Baukunst und wird nur Eine Baukunst geben, nämlich diejenige, welche in der griechischen Geschichts- und Bildungsepoche ihre Vollendung erhielt“ (Wünsche 2005, S. 187). 1816 wurde der Grundstein der Glyptothek gelegt und das Gebäude 1828 mit der Aufstellung der berühmten Metopen-Figuren des Aphaia-Tempels von der Insel Ägina (den sog. Ägineten) eröffnet. Für das Publikum war es ab 1830 offiziell zugänglich.
Glanzstücke der Sammlung: Der Barberinische Faun ... |
... und die Ägineten |
Der Bau erhebt sich auf einem niedrigen Dreistufensockel. Die feierliche Klarheit der Glyptothek mit ihren zwölf ionischen Säulen unter einem tempelähnlichen Giebeldreieck und den sechs Ädikula-Rundbogennischen dominieren den Königsplatz. Dabei überragt der Portikus die Seitenflügel, wodurch die Mitte des Baukörpers eine besondere Betonung erfährt. Das Giebelfeld füllt eine marmorne Skulpturengruppe, die Athena lehrt die Bildhauer zeigt. Jede der Figuren repräsentiert eine spezielle Technik dieser Kunstgattung: der Modellierer in Ton, der Holz- und der Steinbildhauer, der Erzgießer, der Statuenmaler und andere. Die Frontfassade ist fensterlos und wird von Eckpilastern abgeschlossen; Licht erhalten die Innenräume durch den Innenhof.
In den Nischen der Außenwände sind insgesamt 18 Skulpturen eingestellt, die mythische oder historische Repräsentanten der Künste darstellen: An der Vorderseite zum Königsplatz hin sind es Daidalos, Prometheus, Phidias und Hephaistos sowie Hadrian und Perikles als die großen Kunstmäzene der Antike. An der westlichen Seite begegnen uns Renaissance-Meister wie Donatello und Michelangelo; an der östlichen Seite des Gebäudes erscheinen zeitgenössische Bildhauer wie Berthel Thorwaldsen, Antonio Canova oder Ludwig Schwanthaler, die zur damaligen Wiedergeburt der antiken Kunst am meisten beigetragen haben.
Klenzes Grundriss von 1816 |
Historische S/W-Aufnahmen zeigen die Freskierung ... |
.... und den reichen Ornamentschmuck der Innenräume vor der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg |
Ludwig I. (Ludwig war seinem Vater Maximilian I. nach dessen Tod 1825 auf dem bayerischen Thron nachgefolgt) ließ Wände und Kuppeln im Innern reich und farbig schmücken. Nach schweren Schäden im Zweiten Weltkrieg wurde die Restaurierung des Baus erst 1972 abgeschlossen. Die zerstörten Wandbilder des Malers Peter Cornelius, der reiche Deckenstuck, die vergoldeten Reliefornamente und Klenzes farbiger Marmor wurden nicht wiederhergestellt. Heute lassen Ziegelmauerwerk, freigelegte Kuppelschalen und größere Fenster Klenzes Räume deutlich heller und moderner wirken.
Trotz der Festsäle und des privaten Eingangs für den König im Nordflügel gilt die Glyptothek als erstes selbständiges Museumsgebäude in Deutschland, das nicht der fürstlichen Repräsentation, sondern vorrangig der Kunst gewidmet war. Im Dezember 2021 konnte die Glyptothek nach einer fast dreijährigen Sanierung wiedereröffnet werden:
Während die noch
sichtbaren Spuren des Zweiten Weltkriegs an der Fassade als „Zeitzeugen“ am
Haus belassen wurden, wurde fehlender Fassadenschmuck in Teilbereichen
wiederhergestellt. Außerdem erhielten die seitlichen Putzfassaden ihre Anmutung
eines Natursteinmauerwerks zurück. Auf der Nordseite wurde der einstige
Königseingang aufgewertet – er dient heute als rollstuhlgerechter Zugang zum
Museum.
Literaturhinweise
Hederer, Oswald: Klenzes Glyptothek und Schinkels Altes Museum. In: Pantheon 39 (1981), S. 161-165;
Klotz, Heinrich: Geschichte der deutschen Kunst. Dritter Band: Neuzeit und Moderne 1750 – 2000. Verlag C.H. Beck, München 2000, S. 61-64;
Wünsche, Raimund: Glyptothek München. Meisterwerke griechischer und römischer Skulptur. Verlag C.H. Beck, München 2005.
(zuletzt bearbeitet am 15. November 2023)
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