Immer noch prima in Schuss: das antike Pantheon auf der Piazza della Rotonda |
Als das besterhaltene und berühmteste antike
Bauwerk in Rom gilt das Pantheon. Was bis heute auf der Piazza della Rotonda
bewundert werden kann, ist allerdings nicht das „Original“, sondern der
Nachfolger eines Tempels, den Agrippa von 27 bis 25 v.Chr. nach seinem Sieg bei Actium zu Ehren seines
Freundes und Förderers Augustus (63 v.Chr.–14 n.Chr.) hatte errichten lassen.
Noch immer verweist eine Inschrift auf dem Architrav über dem Eingang auf
Agrippa als Erbauer des Pantheon. „Pantheon“ ist ein griechisches Wort, pan heißt „ganz“ oder „alle“, theon kommt von theos, dem griechischen Wort für „Gott“. Wahrscheinlich war das
Pantheon also kein Tempel für einen bestimmten Gott, sondern ein Tempel für
alle oder wenigstens doch für mehrere Götter. Allerdings wäre das Pantheon mit dieser Funktion einzigartig, denn es existieren keine weiteren Tempel für eine Allgötterverehrung im römischen Kult.
Klassische Ruhe und Vollendung ... sind leider nur selten zu genießen, da der Inneraum meist völlig überfüllt ist |
Zum viel bewunderten Bauwerk und einem der
Wahrzeichen Roms wurde das Pantheon jedoch erst unter Kaiser Hadrian, der das
Römische Reich zwischen 117 und 138 n.Chr. regierte. Der unmittelbare Anlass zu
einer Komplett-Renovierung des Pantheon waren schwere Bauschäden, die
Blitzschlag und Feuer verursacht hatten. Um mehr Platz zu schaffen, wurde der Bau gegenüber seinem Vorgänger um 180 Grad nach Norden gedreht. Wo
sich früher die alte Kultstätte befunden hatte, stand nun die rechteckige Vorhalle
des neuen Tempels. Der dreischiffige, im Grundriss 33,10 x 5,5 Meter messende Portikus verfügte über 16 monolithische, 12,50 Meter hohe
Säulen mit korinthischen Kapitellen. Sie stehen heute immer noch,
zum Teil allerdings modern restauriert. Alle Säulen sind unkanneliert, die vorderen acht bestehen aus grauem Granit, die hinteren acht aus hellrotem Rosengranit, dem Material der ägyptischen Obelisken. An der Rückwand der beiden Portikus-Seitenschiffe befindet
sich je eine Nische, in der vermutlich ursprünglich Statuen des Augustus
und des Agrippa aufgestellt waren.
An die Vorhalle schließt sich der
große Rundbau im Innern an, dessen Höhe exakt seinem Durchmesser entspricht:
43,2 Meter. Identisch ist auch der Radius der Kuppel und der Umfang des
Zylinders: Er beträgt jeweils 21,6 Meter und damit exakt die Hälfte von
Raumhöhe und -durchmesser. Der griechische Mathematiker Archimedes hatte
herausgefunden, dass ein Zylinder und eine Halbkugel von identischer Höhe
dieselbe Oberfläche besitzen. Dies trägt zu dem Eindruck von Geschlossenheit
und Harmonie bei, der das Innere des Pantheon kennzeichnet. Am Außenbau ist die Mauer unterhalb der Kuppel höher
als im Innenraum, sodass die Kuppel – von oben betrachtet – keine komplette
Halbkugel darstellt. Außen bedecken Bronzeplatten die Kuppel, deren
antike Originale allerdings nicht mehr erhalten sind.
Die Innenwand ist zweigeschossig aufgebaut. Zwei Gesimsringe teilen sie in einen unteren und einen oberen Bereich, an den sich die Kuppel anschließt. In die untere Wandzone sind je vier von Pfeilern gerahmte Halbkreis- und Rechtecknischen eingefügt, von zwei Säulen optisch vom Zentralraum getrennt. Vor den dazwischenliegenden Mauerflächen stehen Pilaster. In den sieben Wandnischen befanden sich
wahrscheinlich Statuen, die entweder Götter oder Angehörige der kaiserlichen
Familie darstellten. Das niedrigere Obergeschoss ist nicht mehr original erhalten; es wurde 1756 so verändert, wie wir es noch heute vor uns sehen: Die Attikazone wird durch eine regelmäßige Abfolge von quadratischen Feldern
und übergiebelten Nischen gegliedert.
Nach außen zeigt sich der Rundbau völlig geschlossen, die Ziegelwand ist unauffällig verputzt, sie wird lediglich lediglich durch drei Gesimse gegliedert.Eine technische Meisterleistung und eine Augenweide: die Kuppel |
Das Pantheon von oben: gut sichtbar ist das Opaion, die Öffnung in der Kuppel |
Für die Architekturfans gibts natürlich auch den Grundriss |
Im Jahr 608 schenkte der byzantinische Kaiser
Phokas den heidnischen Tempel dem römischen Bischof und Papst Bonifatius IV.,
der sie in eine christliche Kirche umwandelte: Sie wurde Maria und den
Märtyrern geweiht und erhielt deswegen den neuen Namen Sancta Maria ad Martyres. Dieser „Umwidmung“ ist es vor allem zu
verdanken, dass sich das Pantheon bis heute in einem so hervorragenden
Bauzustand befindet – viele andere antike Kultstätten wurden nach der
„Konstantinischen Wende“ 380 n.Chr. geplündert oder zerstört. Der Papst
initiierte eine umfangreiche „Sammelaktion“, um möglichst viele Überreste von
namenlosen Märtyrern in das ehemalige Pantheon zu überführen – was wiederum den
christlichen Festkalender beeinflusste, entwickelte sich doch daraus der hohe
christliche Feiertag Allerheiligen, der seit dem Jahr 825 begangen wird. Allerdings hielt dies einzelne Herrscher
nicht davon ab, sich an den Schätzen des Pantheon zu vergreifen: So ordnete
etwa Kaiser Konstans II. im 7. Jahrhundert an, das vergoldete Dach der Kuppel
ins ferne Konstantinopel zu schicken. Papst Urban VIII. wiederum ließ im 17.
Jahrhundert die Bronzeverkleidung aus dem Portikus entfernen – die dann vor
allem für Kanonen verwendet wurde.
Andrea Palladio: La Rotonda (1567-1591); am südöstlichen Stadtrand von Vicenza gelegen |
Friedrich Weinbrenner: St. Stephan (1808-1814); Karlsruhe |
Karl Friedrich Schinkel: die Rotunde im Alten Museum, Berlin (1825-1830) |
Die Kuppel im Petersdom, Rom, von Michelangelo entworfen |
Das Panthéon in Paris – voller berühmter Toter |
Literaturhinweise
Galli, Max/Imorde, Joseph: Plätze des Lebens. La
Piazza Italiana. DuMont monte Verlag, Köln 2002, S. 174-181;
Jähnig, Jens/Sonnabend, Holger: Große Bauwerke der
Antike. Von den Pyramiden bis zur Hagia Sophia. Primus Verlag, Darmstadt 2009,
S. 124-129;
Joost-Gaugier, Christiane L.: The Iconography of Sacred Space: A Suggested Reading of the Meaning of the Roman Pantheon. In. artibus et historiae 38 (1998), S. 21-42;
Joost-Gaugier, Christiane L.: The Iconography of Sacred Space: A Suggested Reading of the Meaning of the Roman Pantheon. In. artibus et historiae 38 (1998), S. 21-42;
Marder, Tod: Pantheon. In: Christina Strunck
(Hrsg.), Rom – Meisterwerke der Baukunst von der Antike bis heute. Michael
Imhof Verlag, Petersberg 2007, S. 44-48;
Muscheler, Ursula: Abbild des Himmels. Das Pantheon
in Rom |110-128 n.Chr. In: Ursula Muscheler, Sternstunden der Architektur. Von
den Pyramiden bis zum Turmbau von Dubai. Verlag C.H. Beck, München 2009, S.
53-62;
Rodenwaldt, Gerhart: Die Kunst der Antike. Propyläen-Verlag,
Berlin 1927.(zuletzt bearbeitet am 15. November 2018)