Hans Holbein d.J.: Jane Seymour (1536/37); Wien, Kunsthistorisches Museum (für die Großansicht einfach anklicken) |
Hans Holbein d.J. (1497–1543) hatte 1532 Basel
endgültig in Richtung England verlassen und wurde 1536 Hofmaler Heinrichs VIII.
Zu den ersten in dessen Dienst entstandenen Gemälden zählt das Porträt von Jane
Seymour (1509–1537), das sich heute im Kunsthistorischen Museum Wien befindet. Jane
Seymour hatte nacheinander den Königinnen Katharina von Aragon und Anne Boleyn
als Hofdame gedient; am Tag nach Annes Hinrichtung am 19. Mai 1536 verlobte
sich der König mit ihr, und zehn Tage später wurde sie seine dritte Gemahlin.
Am 3. Juni 1536 ließ Heinrich VIII. Jane zur Königin ausrufen – doch noch vor
ihrer Krönung starb sie am 24. Oktober 1537 im Wochenbett, zwölf Tage nach der
Geburt des so sehnlich erwarteten Thronfolgers Prinz Edward. Sie wurde als
einzige der sechs Ehefrauen Heinrichs VIII. und als Mutter seines einzigen
legalen Sohnes mit einem königlichen Staatsakt in der St. George’s Chapel in
Windsor beigesetzt. 1547 erhielt Heinrich VIII. an ihrer Seite seine letzte
Ruhestätte.
Hans Holbein d.J.: Heinrich VIII. (1537); Madrid, Museo Thyssen-Bornemisza (für die Großansicht einfach anklicken) |
Jane Seymour ist in ihrer Zeit als Königin mehrmals
von Holbein porträtiert worden. Als bedeutendstes Werk mit Janes Bildnis gilt
die große Wandmalerei im königlichen Palast Whitehall in London, auf dem die
Tudor-Dynastie dargestellt war. Jane wurde darauf in Lebensgröße und als ganze
Figur wiedergegeben, zusammen mit ihrem Gatten und dessen Ahnen. Dieses 1537
entstandene Werk ging bei einen Brand 1698 verloren, seine Komposition ist
jedoch durch eine kleinere, 1667 gemalte Kopie überliefert.
Auf dem Wiener Porträt steht Jane Seymour als Halbfigur und in Dreiviertelansicht vor einem nicht näher bestimmten blauen Hintergrund, auf den
ihr Körper einen Schlagschatten wirft. Es gibt keinen Blickkontakt mit dem Betrachter;
Jane hat ihre linke Hand auf die nach oben gekehrte Handfläche ihrer Rechten
gelegt.
Unübertroffene Feinmalerei |
Die Königin trägt ein Kostüm aus rotem Samt,
dessen rechteckiger Halsauschnitt mit Perlen und Edelsteinen abgesetzt ist. Die
Ärmel des Kostüms sind weit zurückgeschlagen, wodurch der mit einem Raster aus
Goldfäden verzierte Futterstoff sichtbar wird. Darunter sind lose, offene Ärmel
aus Silberbrokat angelegt, die von Juwelen zusammengehalten werden und in den Öffnungen
ein weißes Hemd zum Vorschein kommen lassen. Das weiße Hemd zeigt an den
Handgelenken eine schwarze Stickerei; im unteren Teil des Kostüms erscheint erneut
das Silberbrokat der Ärmel.
Jane wurde immer mit einer englischen Haube
dargestellt (im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin Anne Boleyn, die die etwas modernere
und rundere französische Haube bevorzugt hatte). Die Haube ist mit einem
Streifen aus Goldbrokat besetzt, die Unterhaube entlang des Saumes mit Perlen
und Edelsteinen verziert. Jane Seymour bestand darauf, dass auch ihre Hofdamen
an Stelle der modernen französischen eine englische Haube trugen.
Alle Frauen Heinrichs VIII. waren reichlich mit kostbarem Schmuck ausgestattet |
An der Halskette der Königin prangt ein aus zwei
großen Steinen bestehender Anhänger, an dem eine birnenförmige Perle hängt. Über
ihrer Brust ist ein großes Schmuckstück mit dem Christusmonogramm IHS am Kostüm
befestigt, das aus dem außerordentlich großen Juwelenschatz Heinrichs VIII.
stammte.
Die Vorzeichnung zum Porträt der Jane Seymour; Windsor Castle |
Zu dem Bildnis Jane Seymours existiert eine
vorbereitende Porträtzeichnung; die Konturen dieses Entwurfs wurden mit
einer Durchdrück-Technik auf die noch unbemalte Leinwand übertragen; allerdings
sind auf der Zeichnung andere Juwelen wiedergegeben als auf dem Gemälde in
Wien.
Literaturhinweis
Hans Holbein der Jüngere 1497/98–1543. Porträtist
der Renaissance. Belser Verlag, Stuttgart 2003, S. 114-119.(zuletzt bearbeitet am 4. Juli 2020)
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