Lovis Corinth: Kain (1917); Düsseldorf, Museum Kunstpalast (für die Großansicht einfach anklicken) |
Kain hält einen riesigen Felsbrocken in den
Händen, um das Mordopfer mit einem weiteren Stein zu bedecken und verschwinden zu lassen. Doch dann dreht er jäh
seinen Kopf zum Himmel: Seine weit aufgerissenen Augen und der offene Mund
signalisieren den plötzlichen Anruf durch die Stimme Gottes: „Was hast du
getan? Die Stimme des Blutes deines Bruders schreit zu mir von der Erde“ (1.
Mose 4,10; LUT). Große schwarze Vögel – Todessymbole – kreisen am Himmel und kommen dem Mörder bedrohlich nahe; das Angesicht der Erde wirkt wie ein
trostloses Niemandsland.
Corinths Gemälde entstand während des Ersten
Weltkriegs in Berlin (1917), und zwar an einem entscheidenden Wendepunkt, als
die USA Deutschland den Krieg erklärte und damit dessen Niederlage besiegelte.
Die künstlerische Auseinandersetzung mit der alttestamentlichen Erzählung von Kain und
Abel (1. Mose 4,1-16) war bei Corinth sicherlich durch das Zeitgeschehen bedingt: Seine
Selbstbiografie bezeugt, dass ihn die damaligen Kriegsereignisse besonders
erschüttert haben. Doch sein Gemälde ist nicht nur ein Zeitkommentar, sondern
ebenso ein allgemeines Sinnbild für die Menschheitsgeschichte, die immer wieder
in Krieg und Brudermord mündet.
(zuletzt bearbeitet am 5. November 2024)
Literaturhinweise
Schuster, Klaus-Peter u.a. (Hrsg.): Lovis
Corinth. Prestel-Verlag, München/New York 1996, S. 236;
LUT = Lutherbibel, revidierter Text 1984, durchgesehene
Ausgabe, © 1999 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.
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