Perugino: Bildnis des Francesco delle Opere (1494); Florenz, Uffizien |
Eine wohl zeitgenössische Beschriftung auf der Rückseite der Tafel nennt das Entstehungsdatum, den Künstler und den Porträtierten. Francesco di Lorenzo di Piero wurde 1458 in die wohlhabende Florentiner Handwerkerfamilie delle Opere, die – wie auch ihr Name bezeugt – für die Herstellung von Seidenstoffen ad opera (durch Stickereien veredelt) bekannt war. Francesco starb 1496 in Venedig, wo das Porträt wohl auch entstanden sein dürfte, weil er ab 1488 dort nachgewiesen werden kann und sich andererseits Perugino 1494 ebenfalls in Venedig aufhielt.
Fast frontal und formatfüllend präsentiert uns der Künstler das Brustbild des 36-jährigen. Die nah an den vorderen Bildrand herangerückte Erscheinung vermittelt ebenso wie der ernste Gesichtsausdruck und der den Betrachter fixierende Blick Stolz und Würde des Dargestellten. Sein schiefer, vielleicht auf eine Gesichtslähmung zurückgehender Mund signalisiert, dass der Maler ihn ungeschönt wiedergibt. Er trägt ein weißes Hemd, ein rotes, mit den Grüntönen der Landschaft komplementär korrespondierendes Gewand und darüber eine dunkelbraune Jacke (giubetto genannt) sowie ein schwarzes Barett, unter dem das sehr frein gelockte Haar hervorquillt. Der Landschaftshintergrund zeigt seitlich über den Schultern abfallende Felsen und Hügel sowie am linken und rechten Bildrand zarte Bäume, deren Blattwerk ebenso fein wie das Haar Francescos vor dem Himmel stehen.
Die beiden Hände des Porträtierten liegen auf einer Brüstung am unteren Bildrand, die nur als schmaler Streifen sichtbar wird; seine Rechte umschließt eine Schriftrolle, an den rechts oben ein Streifen mit der Aufschrift „TIMETE DEVM“ („Fürchtet Gott“) angesetzt ist. Es handelt sich um einen in zahlreichen Predigten des Florentiner Dominkanermönches Savonarola (1452–1498) wiederkehrenden Aufruf. Ursprünglich stammt er aus der Ankündigung des Jüngsten Gerichts in der Johannes-Offenbarung, wo es heißt: „Fürchtet Gott und gebt ihm die Ehre; denn die Stunde seines Gerichts ist gekommen!“ (Offb. 14,7; LUT). Die Schriftrolle spricht dafür, dass sich Francesco demonstrativ als gottesfürchtiger Anhänger des Bußpredigers darstellen ließ.
Hans Memling: Bildnis eines Mannes mit Brief (um 1470); Florenz, Uffizien (für die Großansicht einfach anklicken) |
Hans Memling: Bildnis des Benedetto Portinari (um 1487); Florenz, Uffizien (für die Großansicht einfach anklicken) |
Raffael: Bildnis des Agnolo Doni (1506/07); Florenz, Palazzo Pitti |
Raffael: Bildnis der Maddalena Doni (um 1506/07); Florenz, Palazzo Pitti |
Literaturhinweise
Chapman, Hugo u.a. (Hrsg.): Raffael. Von Urbino nach Rom. Belser Verlag, Stuttgart 2004, S. 82-83;
Schumacher, Andreas (Hrsg.): Perugino. Raffaels Meister. Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2011, S. 250-253;
LUT = Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.
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