Albrecht Dürer: Der Engelkampf (1496/98); Holzschnitt (für die Großansicht einfach anklicken) |
Einer Der Euphratengel hält sein Richtschwert mit beiden Händen am Griff und schlägt auf einen gestürzten Ritter ein, ein zweiter packt eine schreiende Frau mit der Linken an den offenen Haaren, um seinen tödlichen Schlag sicher platzieren zu können. Ein weiterer drückt einen bärtigen Mann von sich, um ihn mit seinem Kurzschwert genau zu treffen. Der letzte der vier Engel schwingt seine Waffe gegen einen am Boden liegenden Papst mit der Tiara, der vor Angst erstarrt aufblickt. Alle werden gleicherweise von den unerbittlichen Würgeengeln niedergemacht. Gleichzeitig stürmt in der Ferne, entlang der Wolken unter dem Altar, Reiterei auf löwenköpfigen, feuerspeienden Pferden heran – ihre Zahl ist nach Offenbarung 9,16 „vieltausendmal tausend“ (LUT). Dass die Schweife der Rösser mit Stacheln bewehrt sind wie die Schwänze von Skorpionen, lässt sich auf Offenbarung 9,10 zurückführen.
Antonio Pollaiuolo: Kampf zehn nackter Männer (um 1470/75); Kupferstich |
Andrea Mantegna: Kampf der Seekentauren (1494); Kuperstich |
Der Engelkampf-Holzschnitt
steht sicherlich in enger Verbindung zu den Kampfszenen der
Renaissance-Künstler Andrea Mantegna (1431–1506) und Antonio Pollaiuolo
(1432–1498), deren Grafiken Dürer auf seiner ersten Italienreise 1494/95
kennengelernt hatte.
13
Und der sechste Engel blies seine Posaune; und ich hörte eine Stimme aus den
vier Ecken des goldenen Altars vor Gott; 14 die sprach zu dem sechsten Engel,
der die Posaune hatte: Lass los die vier Engel, die gebunden sind an dem großen
Strom Euphrat. 15 Und es wurden losgelassen die vier Engel, die bereit waren für
die Stunde und den Tag und den Monat und das Jahr, zu töten den dritten Teil
der Menschen. 16 Und die Zahl des reitenden Heeres war vieltausendmal tausend;
ich hörte ihre Zahl. 17 Und so sah ich in dieser Erscheinung die Rosse und die
darauf saßen: Sie hatten feuerrote und blaue und schwefelgelbe Panzer, und die
Häupter der Rosse waren wie die Häupter der Löwen, und aus ihren Mäulern kam
Feuer und Rauch und Schwefel. 18 Von diesen drei Plagen wurde getötet der
dritte Teil der Menschen, von dem Feuer und Rauch und Schwefel, der aus ihren Mäulern
kam. 19 Denn die Kraft der Rosse war in ihrem Maul und in ihren Schwänzen; denn
ihre Schwänze waren den Schlangen gleich und hatten Häupter, und mit denen taten
sie Schaden. 20 Und die übrigen Leute, die nicht getötet wurden von diesen
Plagen, bekehrten sich doch nicht von den Werken ihrer Hände, dass sie nicht
mehr anbeteten die bösen Geister und die goldenen, silbernen, ehernen,
steinernen und hölzernen Götzen, die weder sehen noch hören noch gehen können, 2
1und sie bekehrten sich auch nicht von ihren Morden, ihrer Zauberei, ihrer
Unzucht und ihrer Dieberei. (Offenbarung 9,13-21; LUT)
Albrecht Dürer: Der starke Engel (um 1498); Holzschnitt (für die Großansicht einfach anklicken) |
Die Darstellung des Starken
Engels (VIII. Figur) bildet eine Art Wendepunkt
in Dürers Holzschnittfolge: Nach dem Strafgericht rückt nun der Kampf Gottes
gegen das Böse in den Vordergrund. Dürer hält sich jetzt enger als bisher an die
Vorgabe des Textes. So zeigt der „starke Engel“, der Johannes befiehlt, das Buch
zu verschlingen (Offb. 10,1-11), tatsächlich „Füße wie Feuersäulen“, von denen
die eine auf dem Meer, die andere auf der Erde steht. Am oberen Ende bersten
die Beinsäulen in züngelnden Flammen. Dürers „starker Engel“ verfügt weder über Flügel noch über einen Körper – damit unterscheidet er sich wesentlich von klassischen Engelsfiguren.
Deutlich erkennbar ist die von rechts unten nach links oben führende Diagonale, die als Hauptachse den Holzschnitt dominiert. Aus den Wolken erscheint im Zentrum eines Strahlenkranzes das Gesicht des Engels; seine rechte Hand hat er zum Schwur erhoben. In der oberen linken Bildecke sind die geretteten Seelen vor dem Altar zu erkennen. Mit dem von oben heranschwebenden geflügelten Engel ist die „Stimme vom Himmel“ gemeint, die dem Evangelisten befiehlt: „Geh hin, nimm das offene Büchlein aus der Hand des Engels, der auf dem Meer und auf der Erde steht!“ (Offb. 10,8; LUT). Johannes sitzt am Waldrand und hat das Buch, das der „starke Engel“ ihm mit der Linken reicht, mit beiden Händen ergriffen, neben ihm in der rechten unteren Bildecke liegen seine eigenen Aufzeichnungen und sein Schreibzeug. Er soll das Buch verschlingen, um auf diese Weise weitere Prophetien zu empfangen; dabei verändert das Buch seine materielle Konsistenz, „und aus Leder und Pergament wird eine Masse, die der Gier, mit der der Evangelist sie förmlich einsaugt, nicht mehr widersteht“ (Schauerte 2012, S. 91). Im nächsten Moment wird sich Johannes, nunmehr gesättigt mit dem Wort Gottes, sogleich wieder der Niederschrift seiner Apokalypse zuwenden.
Deutlich erkennbar ist die von rechts unten nach links oben führende Diagonale, die als Hauptachse den Holzschnitt dominiert. Aus den Wolken erscheint im Zentrum eines Strahlenkranzes das Gesicht des Engels; seine rechte Hand hat er zum Schwur erhoben. In der oberen linken Bildecke sind die geretteten Seelen vor dem Altar zu erkennen. Mit dem von oben heranschwebenden geflügelten Engel ist die „Stimme vom Himmel“ gemeint, die dem Evangelisten befiehlt: „Geh hin, nimm das offene Büchlein aus der Hand des Engels, der auf dem Meer und auf der Erde steht!“ (Offb. 10,8; LUT). Johannes sitzt am Waldrand und hat das Buch, das der „starke Engel“ ihm mit der Linken reicht, mit beiden Händen ergriffen, neben ihm in der rechten unteren Bildecke liegen seine eigenen Aufzeichnungen und sein Schreibzeug. Er soll das Buch verschlingen, um auf diese Weise weitere Prophetien zu empfangen; dabei verändert das Buch seine materielle Konsistenz, „und aus Leder und Pergament wird eine Masse, die der Gier, mit der der Evangelist sie förmlich einsaugt, nicht mehr widersteht“ (Schauerte 2012, S. 91). Im nächsten Moment wird sich Johannes, nunmehr gesättigt mit dem Wort Gottes, sogleich wieder der Niederschrift seiner Apokalypse zuwenden.
1
Und ich sah einen andern starken Engel vom Himmel herabkommen, mit einer Wolke
bekleidet, und der Regenbogen auf seinem Haupt und sein Antlitz wie die Sonne
und seine Füße wie Feuersäulen. 2 Und er hatte in seiner Hand ein Büchlein, das
war aufgetan. Und er setzte seinen rechten Fuß auf das Meer und den linken auf
die Erde, 3 und er schrie mit großer Stimme, wie ein Löwe brüllt. Und als er
schrie, erhoben die sieben Donner ihre Stimme. 4 Und als die sieben Donner
geredet hatten, wollte ich es aufschreiben. Da hörte ich eine Stimme vom Himmel
zu mir sagen: Versiegle, was die sieben Donner geredet haben, und schreib es
nicht auf! 5 Und der Engel, den ich stehen sah auf dem Meer und auf der Erde,
hob seine rechte Hand auf zum Himmel 6 und schwor bei dem, der da lebt von
Ewigkeit zu Ewigkeit, der den Himmel geschaffen hat und was darin ist und die
Erde und was darin ist und das Meer und was darin ist: Es soll hinfort keine
Zeit mehr sein, 7 sondern in den Tagen, wenn der siebente Engel seine Stimme
erheben und seine Posaune blasen wird, dann ist vollendet das Geheimnis Gottes,
wie er es verkündigt hat seinen Knechten, den Propheten. 8 Und die Stimme, die
ich vom Himmel gehört hatte, redete abermals mit mir und sprach: Geh hin, nimm
das offene Büchlein aus der Hand des Engels, der auf dem Meer und auf der Erde
steht! 9 Und ich ging hin zu dem Engel und sprach zu ihm: Gib mir das Büchlein!
Und er sprach zu mir: Nimm und verschling’s! Und es wird dir bitter im Magen
sein, aber in deinem Mund wird’s süß sein wie Honig. 10 Und ich nahm das Büchlein
aus der Hand des Engels und verschlang’s. Und es war süß in meinem Mund wie
Honig, und als ich’s gegessen hatte, war es mir bitter im Magen. 11 Und mir
wurde gesagt: Du musst abermals weissagen von Völkern und Nationen und Sprachen
und vielen Königen. (Offenbarung 10,1-11; LUT)
In der Bibelexegese wird
der Starke Engel oft mit Christus gleichgesetzt. In Dürers Holzschnitt klingt
dieser Aspekt ebenfalls an. Indem er vom Haupt des himmlischen Boten Strahlen
ausgehen lässt, illustriert er die Beschreibung „sein Antlitz wie die Sonne“ (Offb.
10,1); in seinem Kupferstich Sol iustitiae stellt Dürer eine Richtergestalt
dar, die als Christus zu deuten ist und in ähnlicher Weise mit flammenden Augen
dargestellt wird.
Die Literaturhinweise sind in Teil 7 aufgeführt.
(zuletzt bearbeitet am 3. April 2018)
Die Literaturhinweise sind in Teil 7 aufgeführt.
(zuletzt bearbeitet am 3. April 2018)
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