Albrecht Dürer: Das Tier mit den Lammhörnern (um 1496/97); Holzschnitt (für die Großansicht einfach anklicken) |
Gerahmt vom Feuerregen,
betritt das Tier mit den Lammhörnern wie durch ein Tor den irdischen Schauplatz
(Offb. 13,11-18) – ein zähnefletschendes, löwenartiges Wesen. Vor beiden Tieren
knien ehrfürchtig Vertreter aller Stände, in zwei gesellschaftliche Gruppen
aufgeteilt. Links befindet sich das einfache Volk, rechts, der Bestie am
nächsten, die aus Kaufleuten sowie geistlichen und weltlichen Würdenträgern
bestehende Oberschicht. Am Rand der linken Gruppe ist eine kleine Figur dargestellt,
die durch ihre seltsame Kopfbedeckung auffällt. Sie trägt eine Art Helm mit
einem krähenden Hahn als Verzierung: „der Hahn steht für die Beredsamkeit eines
,Volksverführers‘, der den Auftrag des ,Tiers mit den Lammshörner‘ umsetzen
hilft“ (Krüger 2002, S. 98).
Dürer stellt ihm einen
Gegenspieler gegenüber, und zwar den Mann, der am linken Bildrand offenbar
gerade herangetreten ist und abwehrend-mahnend die Hände erhoben hat. Diese
Gestalt ähnelt der Figur, die im 5. Holzschnitt (Versiegelung der
Auserwählten) gerade das Kreuz aus der Hand eines Engels empfängt. Und er ist
erneut in der Gruppe der Märtyrer in der folgenden XII. Figur zu sehen – büßten
doch jene, die sich nicht von dem Meerungeheuer und seinem irdischen Handlanger
verführen ließen, mit dem Leben. Bei der hochgewachsenen Pflanze rechts neben
ihm handelt es sich um eine Akelei – sie galt wegen der ihr zugeschriebenen
Heilkraft als Christus- und Mariensymbol. Von ihr wendet sich das Volk ab und
dem Verführer zu.
Ein breites, geschlängeltes Wolkenband trennt den irdischen vom himmlischen Bereich. Mit dem Pluviale
bekleidet, dem hochzeremoniellen Priestergewand, thront Gottvater über dem
Geschehen. Er trägt eine Kaiserkrone und hält in der Rechten eine Sichel, die
auf den künftigen Feldzug gegen die Geschöpfe Satans vorausdeutet (Offb.
14,14-20). Seine Streiter hat Gott bereits ausgesandt. Zur Rechten Gottes sind ihm zwei Engel anbetend zugewandt – sie verdeutlichen angesichts der Abtrünnigen auf Erden, wem wahrhaft Verehrung gebührt.
1
Und ich sah ein Tier aus dem Meer steigen, das hatte zehn Hörner und sieben Häupter
und auf seinen Hörnern zehn Kronen und auf seinen Häuptern lästerliche Namen. 2
Und das Tier, das ich sah, war gleich einem Panther und seine Füße wie Bärenfüße
und sein Rachen wie ein Löwenrachen. Und der Drache gab ihm seine Kraft und
seinen Thron und große Macht. 3 Und ich sah eines seiner Häupter, als wäre es tödlich
verwundet, und seine tödliche Wunde wurde heil. Und die ganze Erde wunderte
sich über das Tier, 4 und sie beteten den Drachen an, weil er dem Tier die
Macht gab, und beteten das Tier an und sprachen: Wer ist dem Tier gleich und
wer kann mit ihm kämpfen? 5 Und es wurde ihm ein Maul gegeben, zu reden große
Dinge und Lästerungen, und ihm wurde Macht gegeben, es zu tun zweiundvierzig
Monate lang. 6 Und es tat sein Maul auf zur Lästerung gegen Gott, zu lästern
seinen Namen und sein Haus und die im Himmel wohnen. 7 Und ihm wurde Macht
gegeben, zu kämpfen mit den Heiligen und sie zu überwinden; und ihm wurde Macht
gegeben über alle Stämme und Völker und Sprachen und Nationen. 8 Und alle, die
auf Erden wohnen, beten es an, deren Namen nicht vom Anfang der Welt an
geschrieben stehen in dem Lebensbuch des Lammes, das geschlachtet ist. (...) 11
Und ich sah ein zweites Tier aufsteigen aus der Erde; das hatte zwei Hörner wie
ein Lamm und redete wie ein Drache. 12 Und es übt alle Macht des ersten Tieres
aus vor seinen Augen und es macht, dass die Erde und die darauf wohnen, das
erste Tier anbeten, dessen tödliche Wunde heil geworden war. 13 Und es tut große
Zeichen, sodass es auch Feuer vom Himmel auf die Erde fallen lässt vor den
Augen der Menschen; 14 und es verführt, die auf Erden wohnen, durch die
Zeichen, die zu tun vor den Augen des Tieres ihm Macht gegeben ist; und sagt
denen, die auf Erden wohnen, dass sie ein Bild machen sollen dem Tier, das die
Wunde vom Schwert hatte und lebendig geworden war. 15 Und es wurde ihm Macht
gegeben, Geist zu verleihen dem Bild des Tieres, damit das Bild des Tieres
reden und machen könne, dass alle, die das Bild des Tieres nicht anbeteten, getötet
würden. 16 Und es macht, dass sie allesamt, die Kleinen und Großen, die Reichen
und Armen, die Freien und Sklaven, sich ein Zeichen machen an ihre rechte Hand
oder an ihre Stirn 17 und
dass niemand kaufen oder verkaufen kann, wenn er nicht das Zeichen hat, nämlich
den Namen des Tieres oder die Zahl seines Namens. 18 Hier ist Weisheit! Wer
Verstand hat, der überlege die Zahl des Tieres; denn es ist die Zahl eines
Menschen, und seine Zahl ist sechshundertundsechsundsechzig.
(Offenbarung 13,1-8; 13,11-18; LUT)
Albrecht Dürer: Anbetung des Lammes (um 1496/97); Holzschnitt (für die Großansicht einfach anklicken) |
In dem folgenden
vielfigurigen Blatt (XII. Figur: Anbetung des Lammes) huldigt die große Schar der Ältesten und 144
000 Auserwählten dem Lamm im Himmel (Offb. 14,1-5). Es handelt sich wie bei dem
Kampf Michaels mit dem Drachen (X. Figur) um eine Szene, die sich zwischen den
beiden im vorangehenden Holzschnitt gezeigten Visionen ereignet. Das Lamm – Symbol
für Christus – steht auf dem Regenbogen, umgeben von einer Lichtglorie und den
„vier Gestalten“ (Vers 3), den Evangelistensymbolen „voller Augen vorn und
hinten“ (Offb. 4,6; LUT). Ein Bischof fängt in einem Kelch das Blut aus der
Seitenwunde des Christuslammes auf. Johannes, auf einem Berg kniend, spricht
auf ähnliche Weise wie auf der II. Figur mit einem der Ältesten. Dieser beugt
sich aus dem Kreis der Vierundzwanzig herunter und scheint zu erklären, wer die
Palmträger sind (Offb. 7,9) und wie sie mit dem Blut des Lammes ihre Gewänder
gewaschen haben (Offb. 7,14). Etwas höher steht Johannes noch einmal unter den Auserwählten.
Durch die besonders kleinteilige, gedrängte Gestaltung des Blattes erhalten die
weißen Stellen um das Lamm und um die vier Evangelistensymbole besondere Leuchtkraft.
(zuletzt bearbeitet am 15. April 2018)
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