Sonntag, 18. August 2019

Der düstere Franziskus – Francisco de Zurbarán malt den „Poverello“

Francisco de Zurbarán: Franziskus in Meditation (um 1630/35); Düsseldorf,
Museum Kunstpalast (für die Großansicht einfach anklicken)
Der Ordensgründer Franz von Assisi gehört zu den häufigsten Bildmotiven des spanischen Barockmalers Francisco de Zurbarán (1598–1664): Es sind an die fünfzig Darstellungen bekannt, neben Originalen auch Kopien und Werkstattarbeiten. Zurbarán stellt den Mönch zumeist allein dar, stehend oder kniend ins Gebet versunken oder sichtbar in Ekstase. Dieser Typus war von dem griechischen Maler El Greco (1541–1614) Ende des 16. Jahrhunderts aus Italien nach Spanien gebracht worden.
El Greco: Franziskus verehrt das Kreuz (um 1595); San Francisco, Fine Arts Museum
Franz oder auch Franziskus wurde 1182 als Giovanni Battista Bernadone in Assisi in eine wohlhabende Kaufmannsfamilie geboren. Sein Vater, der sich zum Zeitpunkt der Geburt auf einer Handelsreise in Frankreich befunden hatte, gab ihm nach seiner Rückkehr den Rufnamen Francesco („kleiner Franzose“). Als junger Mann beteiligte sich Franziskus an einem Krieg gegen die Nachbarstadt Perugia, wurde gefangen genommen und erkrankte nach seiner Freilassung schwer. Als seine Gesundheit im Alter von 21 Jahren wiederhergestellt war, beschloss er, sein Leben Gott zu weihen, und gründete um 1210 den ersten Bettelorden. Der sogenannte Orden der Minderen Brüder sagte sich von jedem gemeinschaftlichen oder persönlichen Besitz los. Die ersten Franziskaner lebten Tag für Tag von ihrer Arbeit und dem Betteln und verpflichteten sich zu Keuschheit, Demut und absoluter Armut. Franziskus starb am 3. Oktober 1226 – am 16. Juli 1228 wurde er bereits von Papst Gregor IV. heiliggesprochen. Sein Orden breitete sich erstaunlich rasch in der ganzen damals bekannten Welt aus und später auch auf dem neu entdeckten amerikanischen Kontinent. Die Mönchstracht der Franziskaner war entsprechend ihrer Ordensregeln äußerst schlicht: Der Habit aus grobem Stoff (oft mit Flicken besetzt) war in Tau-Form bzw. in Form eines Kreuzes zugeschnitten und wurde mit einem einfachen Strick gegürtet; wenn möglich gingen die Franziskaner barfuß. Zurbarán hat Franziskus auf seinen Gemälden allerdings in den unterschiedlichen Kutten der jeweiligen Zweige des Franziskanerordens dargestellt: der Konventualen, Observanten und Kapuziner in Spanien sowie der in der neuen Welt weit verbreiteten Alcantarier und Discalzeaten. Die meisten Franziskus-Bilder Zurbaráns zeigen ihn mit der spitzen, direkt an den Kragen der Tunika genähten Kapuze der Kapuziner.
Giotto: Franziskus predigt den Vögeln (um 1295/1300); Assisi, San Francesco
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Der italienische Maler Giotto (1267–1337) hatte den in der frühen Literatur oft „Poverello“ genannten Franziskus („der kleine Arme“) als gütigen und fröhlichen Gottesmann präsentiert, mit blondem Haar ausgestattet und den Vögeln predigend. Zurbarán hingegen übernimmt den von El Greco neu definierten asketischen Typus des Heiligen. Er verwandelt Franziskus in einen dunkelhaarigen, durch Kasteiungen und mystische Erfahrungen gezeichneten Eremiten: erschöpft, von magerer Gestalt und gelbstichiger Hautfarbe. Der Ordensgründer wurde auf diese Weise vor allem als Vorbild strenger Bußfertigkeit ins Bild gesetzt.
Francisco de Zurbarán: Franziskus in Meditation (1639); London, National Gallery
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Eine der frühesten Darstellungen Zurbaráns, die diesen Typus zeigen, befindet sich im Düsseldorfer Museum Kunstpalast: Der asketische Franziskus kniet in einer kargen, felsigen Landschaft; seine schäbige Kutte ist aus verschiedenen Stücken eines derben, kastanienbraunen Stoffes zusammengesetzt, auf dem am Rücken und am Ärmel große hellbeige Flicken angebracht sind. Franziskus hält als Memento mori einen Totenschädel in seinen Händen und meditiert völlig versunken über die Vergänglichkeit alles Irdischen: Das intensive Nachsinnen über die „letzten Dinge“ (Tod, Gericht, Himmel oder Hölle) dient ihm als Schutz gegen die Versuchungen und Eitelkeit der Welt.

Literaturhinweise
Poeschel, Sabine: Die Ikonographie des Franziskus im Zeitalter der Konfessionalisierung. In: Christoph Stiegemann u.a. (Hrsg.), Franziskus – Licht aus Assisi. Hirmer Verlag, München 2011, S. 182-189;
Wismer, Beat u.a. (Hrsg.): Zurbarán. Hirmer Verlag, München 2015, S. 140-151.

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