Donnerstag, 26. Februar 2015

Mehr denn ganz verheeret! – „Die Schrecken des Krieges“ von Peter Paul Rubens


Peter Paul Rubens: Die Schrecken des Krieges (1638); Florenz, Palazzo Pitti (für die Großansicht einfach anklicken)

Peter Paul Rubens in einem Brief an Justus Sustermans (12. März 1638) über sein Gemälde „Die Schrecken des Krieges“ (Florenz, Palazzo Pitti):

„Was den Gegenstand meines Bildes angeht, so ist er sehr klar, sodass Sie mit dem Wenigen, was ich Ihnen neulich schon mitteilte, sowie mit der Hilfe Ihres geübten Auges schon mehr begriffen haben werden, als es durch meine Erläuterungen geschehen kann. Dennoch will ich Ihrem Wunsche entsprechen und das Bild in wenigen Worten beschreiben. Die Hauptfigur ist Mars, welcher den geöffneten Tempel des Janus – der nach römischer Sitte in Friedenszeiten geschlossen blieb – verlassen hat und mit dem Schilde und dem bluttriefenden Schwerte, den Völkern ein großes Unheil androhend, einherschreitet. Er kümmert sich wenig um Venus, seine Gebieterin, die, von ihren Amoretten und Liebesgöttern begleitet, sich abmüht, ihn mit Liebkosungen und Umarmungen zurückzuhalten.
Auf der anderen Bildseite wird Mars vorwärtsgezogen von der Furie Alekto, die eine Fackel in der Hand hält. Daneben Ungeheuer, welche Pest und Hunger, die untrennbaren Begleiter des Krieges, bedeuten. Auf dem Boden liegt rücklings hingestreckt ein Weib mit einer zerbrochenen Laute, welche die mit der Zwietracht unvereinbare Harmonie bezeichnet, ebenso auch eine Mutter mit ihrem Kind im Arm, welche anzeigt, daß die Fruchtbarkeit, die Zeugung und die elterliche Liebe durch den Krieg, der alles zerstört und vernichtet, verkehrt werden. Ferner sieht man einen Baumeister auf den Rücken gestürzt, mit seinen Instrumenten in der Hand, um auszudrücken, dass dasjenige, was in Friedenszeiten zu Nutzen und Zierde der Städte erbaut ist, durch die Gewalt der Waffen in Ruinen stürzt und zugrunde geht.
Ich glaube, wenn ich mich recht entsinne, dass Sie am Boden unter den Füßen des Mars noch ein Buch finden sowie eine Zeichnung auf Papier, um anzudeuten, dass Mars die Wissenschaft und alles übrige Schöne mit Füßen tritt. Es muß auch noch ein Bündel von Pfeilen da sein, deren Band, das sie früher zusammenhielt, aufgelöst ist, während sie vereint als das Sinnbild der Eintracht angesehen werden, so wie der Schlangenstab und der Olivenzweig als Symbole des Friedens, die danebenliegend von mir angebracht sind. Jene schmerzdunkle Frau aber, schwarz gekleidet und mit zerrissenem Schleier und all ihrer Edelsteine und ihres Schmuckes beraubt, ist das unglückliche Europa, welches schon so viele Jahre lang Raub, Schmach und Elend erduldet, die für jedweden so tief spürbar sind, dass es nicht nötig ist, sie näher anzugeben. Ihr Symbol ist der Globus, der von einem kleinen Engel oder Genius getragen wird, mit dem Kreuz darüber, das die christliche Welt bedeutet.“

Literaturhinweis
Heinen, Ulrich: Peter Paul Rubens’ Florentiner Kriegsbild und die Macht des Malers. In: Wilhelm Hofmann/Hans-Otto Mühleisen, Kunst und Macht. Politik und Herrschaft im Medium der bildenden Kunst. LIT Verlag, Münster 2005, S. 165-203.

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